WKÖ: "Arbeitende Menschen sind gesünder"

Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Die Wirtschaftskammer lässt kaum ein gutes Haar an einer Statistik-Austria-Erhebung, wonach in Österreich eine Million Menschen gesundheitliche Probleme aufgrund ihres Jobs haben.

Einer Statistik-Austria-Erhebung zufolge haben in Österreich rund eine Million Menschen aufgrund ihres Jobs gesundheitliche Probleme. Die Wirtschaftskammer spart nicht mit Kritik an den Zahlen: In der Erhebung seien unabhängig von der Arbeit entstandene Gesundheitsprobleme erfasst, so der Vorwurf. Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik und Gesundheit in WKÖ, meint: "Psychische Belastungen nur auf den Arbeitsplatz zurückzuführen, ist eine verkürzte Sichtweise, die nicht der Realität entspricht. Damit werden die Arbeitgeber ungerechtfertigt zum Sündenbock gemacht - und es hilft den Betroffenen nicht nachhaltig weiter."

"Vom privaten Verhalten abhängig"

Laut internationalen Erhebungen seien rund 80 Prozent der Gesundheit "vom Gesundheitsbewusstsein und damit privaten Verhalten eines Menschen" abhängig. Die Österreicher liegen im European Working Conditions Survey (EWCS) bei der Arbeitszufriedenheit an fünfter Stelle unter 34 europäischen Ländern, hält Gleitsmann außerdem fest. Daraus schließt er, dass die Dienstgeber ihre Verantwortung für Mitarbeiter bereits wahrnehmen und für ein gutes Arbeitsumfeld sorgen.

Zudem zitiert Gleitsmann  eine Studie der Donau Uni Krems auf Basis der Gesundheitsbefragung 2006/2007, wonach Arbeitnehmer gesünder sind als Erwerbslose: "Dass es als sinnstiftend empfunden wird, eine Beschäftigung zu haben, sieht man auch daran, dass Erwerbslosigkeit ein massiver psychischer Belastungsfaktor ist. Arbeitende Menschen sind gesünder als nicht arbeitende". Man dürfe die Arbeit nicht krank reden.

"Eigenverantwortung stärken"

Der WKÖ-Vertreter befürchtet offenbar neue Reglementierungen: "Mit immer neuen Forderungen nach weiteren Reglementierungen, weiterem Aufwand für die Unternehmer und weiteren Zwängen kommen wir nicht weiter", meinte Gleitsmann. "Stattdessen sollten wir alle versuchen, die Eigenverantwortung des Einzelnen für sein persönliches Wohlbefinden zu stärken."

Der Gewerkschaftsbund ist da freilich anderer Meinung und fordert mehr "Fürsorgepflicht" der Arbeitgeber ein. Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB, meinte in einer Aussendung: "Vor allem Rückenbeschwerden und psychische Probleme gehen oft vom Arbeitsplatz aus, oder sie werden durch die Arbeit verstärkt. Deshalb muss auch die Prävention am Arbeitsplatz ansetzen." Die psychische Gesundheit von Mitarbeiter werde als individuelles Problem gesehen, betriebliche Gesundheitsförderung solle Pflicht werden.

Gewerkschaft will Überstunden teurer machen

Eine Ursache für Überlastungen seien überlange Arbeitszeiten. Der ÖGB will daher Überstunden reduzieren, indem sie für die Betriebe teurer werden sollen. Ein weiteres Anliegen der Gewerkschaft: "Wer jahrelang im Schichtbetrieb gearbeitet hat, soll das Recht auf Arbeit bei Tag bekommen". Immerhin seien schwere körperliche Arbeit, Einwirkung von Vibrationen, Arbeit mit gefährlichen Arbeitsstoffen, Gefahr von Arbeitsunfällen, erzwungene Körperhaltungen bei der Arbeit und Belastungen durch das Tragen von Schutzausrüstung für rund 23 Prozent der Krankenstände verantwortlich.

Auf einen Blick

Die Statistik Austria hat die gesundheitlichen Risiken im Berufsleben erhoben. Demnach soll die Arbeit eine Million Österreicher krank gemacht haben. Die Arbeiterkammer ist über den Bericht erschüttert und fordert mehr Prävention sowie strengere Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat. Die Wirtschaftskammer sieht das anders. „Immer neue Reglementierungen helfen nicht weiter.“ Weitere Korsette „nehmen den Betrieben die Luft zum Atmen, machen aber niemanden gesünder.“

(APA/Red.)

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