Gipfeltreffen: Als Jimmy Carter Genossen Breschnjew küsste

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Das neutrale Österreich offerierte sich immer wieder als Gastgeber für wichtige Verhandlungen. Kennedy wurde in Wien geradezu vorgeführt. Doch konnte hier auch das atomare Wettrüsten beendet werden.

Wien. Im Jahr 1961 stand die Welt am Rande eines neuen Krieges, diesmal zwischen der Sowjetunion und dem freien Westen. Das neutrale Österreich offerierte sich als idealer Ort für ein Gipfeltreffen, das an Brisanz nie mehr übertroffen werden sollte. Kreml-Chef Nikita Chruschtschow (67) wollte dem neuen US-Präsidenten John F. Kennedy (44) deutlich vor Augen führen, dass die Atommacht Sowjetunion den USA zumindest gleichberechtigt und ihren Machtbereich überall in der Welt auszuweiten gewillt sei.

Am 3. und 4. Juni 1961 war es so weit, und das Drama in mehreren Akten rollte vor den Kameras der Weltöffentlichkeit ab. Die österreichischen Gastgeber hielten sich diskret zurück, Bundespräsident Adolf Schärf gab einen prächtigen Empfang im Schloss Schönbrunn, Kennedy brachte Glamour in Gestalt seiner schönen Gemahlin Jackie mit, wurde aber von dem alten Kreml-Fuchs nach Belieben vorgeführt. Man trennte sich frostig – fünf Wochen später wurde die Berliner Mauer aufgerichtet. Der Kalte Krieg trieb seinem Höhepunkt zu, der dann in der Kuba-Krise gipfelte – und langsam ausklang, indem die beiden Rivalen miteinander zu leben lernten.

18 Jahre später kam es dann – auch wieder in Wien – zur offiziellen Beendung dieses atomaren Wettrüstens. Jimmy Carter, der US-Präsident, traf mit Chruschtschows Nachfolger Leonid Breschnjew in den Redoutensälen zusammen. Sie unterzeichneten 1979 den Atomwaffensperrvertrag, dann zog der impulsive Amerikaner den gesundheitlich schon schwer angeschlagenen Kreml-Fürsten an sich und küsste ihn ab. Der altgediente Sowjetfunktionär war mäßig erfreut.

Einzelne Besuche hoher Herrschaften in Österreich gab es natürlich zahlreich. 1972 machte US-Präsident Richard Nixon auf dem Flug nach Moskau Zwischenstopp in Salzburg. Das war weniger erfreulich, denn während Bundeskanzler Bruno Kreisky den hohen Gast begrüßte, machte eine Meute heimischer Jusos Radau gegen den Vietnam-Krieg. Allen voran Sohn Peter. Der alte Kreisky war immer schon, auch daheim, liberal.

Im Jahr 1975 stolperte US-Präsident Gerald Ford in Salzburg beim Verlassen seiner Air Force One in Salzburg über die Gangway, und wieder wartete unten Kreisky. Es passierte nichts, denn der Amerikaner war durchtrainiert.

Kreisky liebte es, als Gastgeber in die Weltgeschichte einzugehen. 1978 brachte er in Wien (und in Salzburg) Ägyptens Präsident Anwar Sadat mit dem israelischen Oppositionsführer Schimon Peres zusammen, 1982 verursachte er mit der Einladung an den libyschen Revolutionsführer Muammar Gaddafi einen innenpolitischen Eklat. Und für Palästinenserführer Jassir Arafat hatte er ebenfalls ein Faible. Gebracht hat es nicht sehr viel. (hws)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2014)

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