Ölförderung: Moskau will Ölpreis treiben

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Russland wird vor der Opec-Sitzung am Donnerstag aktiv. Das Land braucht mehr Petrodollars, die Firmen brauchten Technologie.

Wien. Es ist das Pokerface, mit dem der gelernte Spion Wladimir Putin dem Volk und der Welt Gelassenheit signalisiert. Was immer von seinen Feinden unternommen werde – sein Land, so Putins bisherige Durchhalteparole, sei stärker und werde mit dem Ölpreis- und Rubel-Verfall zurechtkommen.

Hinter dem Pokerface freilich scheinen sich zunehmend Sorgenfalten auf der Stirn einzugraben. Wie die russische Zeitung „Kommersant“ am Montag unter Verweis auf Regierungsquellen schrieb, überlegen die Machthaber erstmals aktiv Schritte, um den Ölpreis zu stützen und in Koordination mit der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) zu treiben. Konkret könnte man der Opec vorschlagen, die russische Jahresproduktion um 15 Mio. Tonnen zu kürzen, würde die Opec auf ihrem Gipfel am Donnerstag ihre Förderquote um 70 Mio. Tonnen reduzieren. Zuvor hatte am Freitag schon Energieminister Alexandr Nowak erklärt, dass die Frage der Förderkürzungen diskutiert werde.

Opec lässt alles offen

Damit hat sich auch Russland, der weltweit zweitgrößte Förderstaat, in die verwirrende Diskussion eingeschaltet, wie die Förderländer mit dem dramatischen Preisverfall umgehen sollen. Seit Mitte Juni ist der Preis abgesackt – für die europäische Sorte Brent um über 30 Prozent auf unter 80 Dollar je Barrel, ehe er sich zuletzt moderat auf ca. 80 Dollar erholte. Die Gründe dafür: die schwache Weltwirtschaft, der US-Fracking-Boom und Saudiarabiens Politik, den Preis zu dumpen, um Markanteile in Konkurrenz mit den USA zu halten.

Unter Marktbeobachtern divergieren nicht nur die Prognosen, ob die Opec die Förderquote antasten wird. Es divergieren auch die Einschätzungen, ob das Kartell in der momentanen Phase der von Dumpingpreisen gestützten Marktneuaufteilung überhaupt die Potenz hat, preistreibend zu agieren.

Im Wissen um die Zerrissenheit innerhalb der Opec suchte Moskau dieser Tage den Schulterschluss mit dem Opec-Staat Venezuela, der ähnlich unter dem Ölpreisverfall leidet wie Russland und der Opec-Staat Iran.

Enger Spielraum für Russland

Von den 86,75 Mio. Barrel globaler Tagesförderung entfielen im Vorjahr 36,83 Mio. Barrel auf die Opec, auf Russland 10,79 Mio.

Russland macht der Ölpreisverfall weitaus mehr zu schaffen als die westlichen Sanktionen, so gestern Finanzminister Anton Siluanov: Demnach könnte sich der Schaden der westlichen Sanktionen auf 40 Mrd. Dollar belaufen. Der Schaden des Ölpreisverfalls hingegen auf 90 bis 100 Mrd. Dollar, weil wegen der daraus folgenden Rubel-Abwertung die Bevölkerung das Ersparte in Devisen tausche und daher der Kapitalabfluss heuer bei 130 Mrd. Dollar liegen dürfte.

Was nun Russlands Einflussmöglichkeiten auf den Ölpreis betrifft, so sind diese freilich beschränkt. Analysten zufolge müsste die Förderung mindestens um ein Zehntel gedrosselt werden. Eine zweite Variante ist, die Speicherkapazitäten aufzustocken und sie bei schwacher Nachfrage zu füllen, wie dies ein Vertreter des größten und staatlichen Ölkonzerns Rosneft gestern im Parlament vorschlug.

Im Übrigen kann Russland die Förderung nicht so leicht stoppen und wieder ausweiten wie Saudiarabien. Russland fördere im rauen Klima, so Valeri Nesterov, Ölanlayst der Sberbank CIB zur Zeitung „Wedomosti“. „Die Fördertürme könnten im Winter einfach einfrieren, wenn man die Arbeit stoppt.“

Ein anderer Stopp macht Russland indes noch mehr zu schaffen: Das Embargo auf westliche Anlagen für Tiefseebohrungen und Fracking. Denn selbst das jetzige Förderniveau von 523 Mio. Tonnen pro Jahr aufrechzuerhalten „wird mit jedem Jahr schwieriger“, so Energieminister Nowak. Es brauche einen jährlichen Zuwachs an Produktionsbohrungen im Ausmaß von fünf bis sieben Prozent. Ohne westliche Technologie sei dies problematisch, meint Leonid Fedun, Vizechef des zweitgrößten Ölkonzerns Lukoil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2014)

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