Ferguson: Die Aussagen des Polizisten Wilson

Bei Polizist Darren Wilson wurden Prellungen im Gesicht festgestellt. Er hat in Ferguson einen afroamerikanischen Teenager erschossen.
Bei Polizist Darren Wilson wurden Prellungen im Gesicht festgestellt. Er hat in Ferguson einen afroamerikanischen Teenager erschossen.(c) imago/UPI Photo
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Der Fall des Afroamerikaners Michael Brown, der von Darren Wilson erschossen wurde, ist von unterschiedlichen Zeugenaussagen geprägt.

Der weiße Polizist Darren Wilson erschoss den 18-jährigen Afroamerikaner Michael Brown am 9. August 2014 in der Stadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri - soweit die Fakten. Die Zeugenaussagen waren für die zwölf Geschworenen (neun Weiße und drei Schwarze) nicht zwingend genug, um dem Polizisten eine Schuld an dem Tod des Teenagers zu geben. Die Folge waren heftige Proteste nicht nur in Ferguson, die gewalttätig ausuferten. Ob das Urteil einstimmig fiel, wurde nicht mitgeteilt. Die Geschworenen mussten die Glaubwürdigkeit von rund 60 Zeugenaussagen überprüfen.

Gegen Mittag am 9. August stieß der 28-jährige Wilson in seinem Streifenwagen auf dem Canfield Drive auf Brown und dessen Freund Dorian Johnson, die mitten auf der ruhigen Seitenstraße liefen. Kurz zuvor war über Polizeifunk der Diebstahl von Zigarillos in einem Laden um die Ecke gemeldet worden. Wie sich später bei der Auswertung der Überwachungskameras des Geschäfts herausstellte, war Brown tatsächlich ein Verdächtiger bei dem Diebstahl.

Aussage gegen Aussage

Der Polizist habe die beiden Jugendlichen aus dem Polizeiauto heraus mit derben Worten aufgefordert, an den Straßenrand zu gehen, berichtet Johnson. Laut Johnson fuhr Wilson sie beinahe um, griff durch das Fenster nach Brown und zog den Teenager an den Streifenwagen heran. "Ich schieße gleich", soll der Polizist gedroht haben, als Brown sich gewehrt habe. Zwei Schüsse fielen, von denen einer den 18-Jährigen in den Oberarm traf.

Der Polizist sagte hingegen aus, er habe sein Auto zurückgesetzt und quer gestellt, um den beiden Verdächtigen den Weg abzuschneiden. Mittlerweile wurden die Protokolle der Vernehmung veröffentlicht. Der Polizist will Brown mit den Worten "Hey, komm mal kurz her!" angesprochen haben. Brown soll ihn daran gehindert haben, die Fahrertüre zu öffnen. Danach soll es zum Handgemenge gekommen sein. Nach den Aussagen Wilsons soll Brown ihn mehrfach mit der Faust getroffen haben. Brown, der rund 135 Kilo wog, war früher Wrestler.

Nur mithilfe eines Schusses will sich Polizist Wilson aus den Händen des 18-Jährigen befreien haben können. "Ich habe gesagt: 'Tritt zurück, oder ich schieße!'" Wilson betätigte demnach den Abzug und traf die Fahrertür des Polizeiwagens, das Fenster zersplitterte. Nach einem weiteren Schuss, so berichtet Wilson, sei Brown geflüchtet. Danach habe er ihn aufgefordert, sich auf den Boden zu legen. "Dann ist er auf mich zugekommen. (...) Ich habe eine ganze Reihe Schüsse abgegeben, ich weiß nicht wie viele (...), aber zumindest einmal habe ich ihn getroffen: Man konnte sehen, wie er zusammengezuckt ist", gab Wilson zu Protokoll.

Ruhiges Umdrehen oder aggressiver Angriff

Johnson, der Freund des Schussopfers Brown, berichtet übereinstimmend, dass Brown zunächst nicht tödlich getroffen wurde. Er sei mit seinem Freund weggerannt, während Wilson den Streifenwagen verlassen und erneut gefeurert habe. "Und als mein Freund den Schuss spürte, drehte er sich um und streckte seine Hände in die Luft und begann, sich niederzuknien", sagte Johnson Reportern am Tatort. "Doch der Polizist kam immer näher mit gezogener Waffe, gab mehrere weitere Schüsse ab - und mein Freund starb."

Insgesamt fielen laut Staatsanwaltschaft zwölf Schüsse, Brown wurde sechs Mal getroffen. Die Beweiserhebung widerlegte die ursprünglichen, in manchen Medien verbreiteten Aussagen mehrerer Augenzeugen, wonach Wilson Brown von hinten erschossen habe. "Die Autopsie zeigte, dass Brown keine Rückenverletzungen hatte", sagte Staatsanwalt Robert McCulloch. Er warnte bei der Bekanntgabe der Entscheidung der Grand Jury davor, einzelnen in den Medien verbreiteten Zeugenaussagen zu viel Gewicht beizumessen. So seien einige Aussagen durch forensische Beweise widerlegt worden. Nur die zwölf Geschworenen hätten "jeden Zeugen" befragt und "jedes Beweisstück" in Augenschein genommen. Insgesamt habe die Faktenlage für Notwehr gesprochen.

>> Zu den Zeugenaussagen, veröffentlicht der Nachrichtenagentur AP

(Red./APA/AFP)

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