Debatte um Waffenverbot für Private schwappt nach dem Amoklauf von Deutschland nach Österreich über.
Wien.Nach dem Amoklauf im deutschen Winnenden erwägt die Politik die Verschärfung der Regeln für privaten Waffenbesitz – der Täter hatte die Mordwaffe aus der Waffensammlung seiner Eltern entwendet. Eine Debatte, die auch auf Österreich überschwappt – unter anderem fordern die Sozialistische Jugend und die Grünen ein komplettes Verbot von Waffen für Privathaushalte.
1Wie ist die Rechtslage für Waffenbesitz in Österreich?Schusswaffen werden in vier Kategorien eingeteilt: Kriegsmaterial und andere „verbotene Waffen“ wie Pumpguns dürfen von Privatpersonen prinzipiell nicht erworben werden. Halbautomatische Waffen und Faustfeuerwaffen dürfen nur mit einer Waffenbesitzkarte erworben werden. Um sie außerhalb des eigenen Hauses mitführen zu dürfen, ist ein Waffenpass notwendig. Bevor diese Dokumente ausgestellt werden, muss ein psychologischer Test stattfinden, das Mindestalter beträgt generell 21 Jahre. Außerdem wird die ordentliche Verwahrung alle fünf Jahre polizeilich überprüft. Für den Erwerb von Waffen der Kategorien C und D, wie Gewehren oder Schrotflinten, ist keine behördliche Erlaubnis notwendig: Jeder über 18-Jährige kann sie – unter Einhaltung einer dreitägigen Bedenkzeit zwischen Bestellung und Kauf – erwerben.
2Wie viele Waffenbesitzer gibt es in Österreich?Die Zahl der Inhaber von Waffenbesitzkarten und Waffenpässen ist seit 1998 rückläufig. Waren damals noch 360.800 Menschen im Besitz solcher Dokumente, sind es heute nur mehr rund 244.300. Ein Rückschluss auf die Zahl der Waffen in Österreich ist dadurch aber nicht möglich, weil Gewehre und andere Waffen nicht meldepflichtig sind. Im Allgemeinen seien die österreichischen Behörden beim Ausstellen von Waffendokumenten aber sehr restriktiv, erklärt Bernhard Klob vom Institut für Kriminologie der Universität Wien.
3Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen privatem Waffenbesitz und Gewaltstraftaten?Ein solcher Zusammenhang ist nicht eindeutig belegt. Studien, die sich damit beschäftigen, kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen und stammen vor allem aus den USA. Wegen der Vielzahl gesellschaftlicher und kultureller Einflüsse, die zu Verbrechen führen, lassen sich diese Studien nicht auf Österreich umlegen, erklärt Klob.
In Europa ist Großbritannien Vorreiter, wo der Besitz privater Schusswaffen seit 1997 verboten ist. Seither gedeihe dort der Schwarzmarkt, zusätzlich fielen die psychologischen Screenings für Waffenbesitzer weg, sodass von einer Verbesserung der Situation nicht die Rede sein könne, so der Kriminologe. Demgegenüber stehe der positive Effekt privaten Schusswaffenbesitzes: Untersuchungen aus Kanada zeigten, dass Verbrechensopfer, die Schusswaffen besitzen, signifikant seltener verletzt werden oder zu Tode kommen als jene ohne.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2009)