Bankgeheimnis wird gelockert: Verdacht reicht, um Konten einzusehen

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Grundsätzlich bleibt das Bankgeheimnis in Österreich bestehen. Allerdings dürfen künftig ausländische Behörden auch ohne laufendes Strafverfahren Einsicht nehmen - ein begründeter Verdacht reicht.

Nach internationalem Druck hat Österreich angekündigt, sein Bankgeheimnis zur Erleichterung von Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung etwas abzuschwächen. Bei "begründetem Verdacht" einer ausländischen Behörde könnten künftig Kontodaten auch dann weitergegeben werden, wenn noch kein Strafverfahren wegen Steuerflucht eingeleitet worden sei, sagte ÖVP-Finanzminister Josef Pröll am Freitag in Wien.

Bislang wurden Konteninformation nur auf Anordnung eines Richters weitergegeben. Zugleich kündigte Pröll an, dass die Schweiz und Luxemburg im Laufe des Tages ähnliche Änderungen ankündigen würden.

Verfassungsgesetz kann bleiben

Damit müsse der Paragraf 38 im Bankwesengesetz (BWG), der im Verfassungsrang steht, nicht angepasst werden, sagte Pröll. Das Bankgeheimnis bleibe bestehen. Nur bei einigen der rund 80 Doppelbesteuerungsabkommen werde es Anpassungen geben müssen. Diese Abkommen bewirken vor allem, dass man Einkommenssteuer nur in einem Land zahlt. Ein Beispiel: Man verdient als Österreicher 5.000 Euro in einem Jahr in Deutschland. Dieses Einkommen wird in Deutschland versteuert. In Österreich (wo die eigentliche Steuerpflicht besteht) zählen die 5.000 Euro auch als Einkommen - die deutsche Einkommenssteuer wird aber von der in Österreich zu bezahlenden abgezogen.

Doralt: Verfassungsgesetz verletzt

Wenn Österreich im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen zulässt, dass auch ohne Einleitung eines Strafverfahrens Konten geöffnet werden, dann müsste diese Vertragsänderung im Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen werden, sagte Steuerexperte Werner Doralt vom Institut für Finanzrecht der Universität Wien. Denn das würde "materiell" den Artikel 38 im Bankwesengesetz (BWG) ändern, der im Verfassungsrang das Bankgeheimnis regelt.

Der besondere Clou daran, künftig Konten auch ohne Strafverfahren zu öffnen, ist für Doralt, dass damit kein Bescheid mehr fällig wird - und damit auch keine Einspruchsmöglichkeit besteht. In Österreich sei die förmliche Einleitung des Finanzstrafverfahrens überhaupt nur wegen Artikel 38 Bankwesengesetz eingeführt worden, meint Doralt. Denn der damit verbundene Bescheid ermöglicht einen Einspruch. In Deutschland kenne man keine förmliche Einleitung des Finanzstrafverfahrens - damit seien auch keine Rechtsmittel gegen die Ermittlungen der Behörde möglich. Es ist zuletzt auch von der OECD ausdrücklich kritisiert worden, dass in Österreich Rechtsmittel gegen die Kontenöffnung ergriffen werden können.

Parteien reagieren gespalten

SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder begrüßte die "Klarstellung" als sinnvolle Maßnahme. Werner Kogler, Budgetsprecher der Grünen, bezweifelt, ob dieser Schritt ausreichen wird. Seiner Meinung nach dürfte doch auch eine Änderung der Gesetzeslage notwendig sein.


FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache hat "kein Verständnis für eine Lockerung des Bankgeheimnisses", wie er am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien erklärte. Österreich müsse sich die Schweiz als Vorbild nehmen und hier einen gemeinsamen Weg suchen. Dass Österreich auf einer schwarzen Liste landen könnte fürchtet Strache nicht, da "derartige Drohungen am Ende nicht Realität werden müssen".


BZÖ-Klubobmann Josef Bucher geht davon aus, dass nun das Bankgeheimnis "Zug um Zug" in Gefahr gerät, und dies fatal für die Liquidität der stark in Osteuropa engagierten heimischen Banken sein könnte, wie er gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal sagte.


Schieder betonte, dass die kleinen Sparer weiterhin durch das Bankgeheimnis geschützt sind. Positiv zu bewerten sei auch, dass damit auch gemeinsam mit der OECD eine Lösung im Kampf gegen die Steuerhinterziehung gefunden werden konnte.

Angst vor der Schwarzen Liste

"Wir gehen einen Schritt auf die OECD zu, zur Wahrung unserer Interessen. Das war wichtig, weil in den letzten Tagen auch viel über diverse Schwarze Listen diskutiert worden ist", sagte Pröll. Solche "Schwarze Listen" werden im Zusammenhang mit nicht kooperierenden Steueroasen geführt.

(Ag./Red.)

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