Pensionsexperte Rürup: "Leidensdruck noch zu gering"

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In einer alterenden Wohlstandsgellschaft sei das gegenwärtige Pensionssystem nicht mehr finanzierbar. Die Österreicher müssen ihre Einstellung zur Pension ändern.

Der deutsche Pensionsexperte Bert Rürup hält das österreichische Pensionssystem für langfristig nicht finanzierbar. Erst kürzlich wurde bekannt, dass die staatlichen Pensionsbeiträge von derzeit acht Milliarden Euro auf 34 Milliarden im Jahr steigen werden. Das System der Pension hält Rürup dann für nachhaltig, wenn die Pension dauerhaft ausgezahlt werden können ohne dass die Beitragssätze des Einzelnen oder der Bundesbeitrag erhöht werden müssen. Denn irgendwann kommen auf den Staat fiskalische Restriktionen zu und die Leistungen werden zu senken sein, ist sicher der Pensionsexperte sicher.

Als Hauptproblem in Österreich ortet Rürup im Interview im „Ö1-Mittagsjournal“ den zu frühen Pensionsantritt. Er schlägt deshalb vor, dass im ersten Schritt das faktische Pensionsalter auf das gesetzliche angehoben werde und danach das gesetzliche Pensionsalter auf 67 Jahre hinaufzusetzen. Dafür fehle dem Österreicher aber derzeit die Sensibilität. Der Leidensdruck sei noch zu gering. Die Österreicher müssen einen Mentatiltätswechsel durchmachen, denn in einer alternden Wohlstandsgesellschaft sei das aktuelle System nicht aufrechtzuerhalten. Das gelte sowohl für Gewerkschaft als auch für Arbeitgeber, fügte Rürup hinzu. Die Anpassung des faktischen Antrittsalters auf die 65 Jahre sollte binnen der nächsten zehn Jahre erfolgen.

Pensionskonto richtig

Nicht vollends überzeugt zeigt sich der deutsche Fachmann von der von der ÖVP vorgeschlagenen Pensionsautomatik. Das sei ein Liebkind der Ökonomen, sagte er. Natürlich sei es nicht falsch, die Verteilungsfrage mit Automatismen zu entpolitisieren, aber die ganze Lösung des Problem sei das nicht. Auch der großen Koalition werde nicht der große Wurf bei den Pensionen gelingen, meint Rürup. Denn in einer solchen Konstellation gebe es im Regelfall zu viele Kompromisse.

Das in Österreich eingeführte Pensionskonto halte er für eine richtige Maßnahme. Natürlich sei es für viele ein Schock, dass die Lücke zwischen Arbeitsgehalt und künftiger Pension „signifikant immer größer werde“. Dennoch halte er die Pensionshöhen, die Österreich bezahlt werden, im internationalen Vergleich weiter für „generös“. Von einer Armutspension können auch in Zukunft keine Rede sein. Zwischen 70 und 75 Prozent des Letzteinkommens sollten durch die staatliche Pension abgedeckt werden, für ab 1990 Geborene werden solche Prozentsätze mit dem gegenwärtigen System nicht zu realisieren sein.

Frauenpensionsalter sofort anheben

Deshalb sei es ein Gebot der Stunde, länger zu arbeiten. Der Arbeitsmarkt vertrage das auch, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen Anreize geschaffen werden. Durch Anreize könnte sich auch die Frühpensionskultur der Österreicher verändern. Der Österreicher glaube, so wie der Strom aus der Steckdose kommt, kommt die Pension immer vom Staat.

Als einen wichtigen Schritt sieht Rürup auch darin, das Frauenpensionsalter schrittweise, aber umgehend beginnend, an die 65 Jahre der Männer anzugleichen. „Morgen soll damit begonnen werden und nicht erst 2024“.

>> Bericht im "Ö1-Mittagsjournal"

(red./herbas)

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