Der Stein ist ins Rollen gebracht

Brüssel begrüßt die Bankgeheimnislockerung, aber zweifelt, ob sie ausreicht.

WIEN/Brüssel. Österreich hat den ersten Schritt zur Lockerung des Bankgeheimnisses getan, doch den EU-Partnern dürfte das nicht reichen. Die EU-Kommission sprach am Freitag zwar von einem „willkommenen Schritt“, doch wollte man in Brüssel nicht ausschließen, dass nun weitere Schritte folgen müssen. „Wir kennen noch nicht alle Details.“

Fest steht, dass zwischen den Ankündigungen von Finanzminister Josef Pröll und den Vorstellungen der EU-Partner, allen voran Deutschland, noch eine Lücke klafft. Die EU-Kommission bereitet eine Richtlinie vor, wonach sich künftig kein Mitgliedsland mehr im Kampf um Steuerbetrug und Steuerhinterziehung auf das Bankgeheimnis berufen darf. Im Klartext kann das nur einen Austausch von allen angeforderten Bankdaten bedeuten. Den sieht aber Prölls Vorschlag nicht vor. Er will nur bei begründetem Verdacht Informationen liefern. Das Konto eines deutschen Zahnarzts bei einer Tiroler Bank soll also nicht automatisch von deutschen Steuerbehörden eingesehen werden können.

Diese strengere Zielrichtung der Brüsseler Behörde wurde auch nach einem Treffen zwischen Pröll und Kommissionspräsident José Barroso in der vergangenen Woche in Wien deutlich. „Österreich kann sein Bankgeheimnis für Inländer behalten“, sagte Barroso. Aber für EU-Bürger müsse es gänzlich aufgehoben werden.

Druck aus Brüssel und Berlin

„Das Bankgeheimnis darf nicht missbraucht werden, um Steuerfahndern eines anderen Staates Informationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher zu verweigern“, sagte zuletzt auch der zuständige EU-Kommissar Laszlo Kovac. Der Druck aus Brüssel wird durch jenen aus Berlin verstärkt. Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will notfalls die Steuerflucht in Nachbarländer wie Österreich und Luxemburg auch durch eigene Gesetze eindämmen. Er schlug eine Dokumentationspflicht für Unternehmen und Privatpersonen vor, wenn sie Geschäfte in einem Land unterhalten, das die Weitergabe von Bankdaten verweigert.

24 von 27 EU-Ländern haben ihre Bankdaten für Steuerbehörden aus anderen Mitgliedstaaten bereits geöffnet. Bei diesem sogenannten „automatischen Informationsaustausch“ fehlen nur noch Belgien, Luxemburg und Österreich. Belgiens Finanzminister Didier Reynders hat diese Woche angekündigt, dass sein Land zu einem vollen Informationsaustausch ab 2010 bereit sei. „Fällt Belgien, werden Luxemburg und Österreich bald auch fallen“, kommentierte das ein hoher Diplomat.

Die EU-Finanzminister haben durchaus noch Druckmittel in der Hand. Selbst wenn nun Österreich nicht auf die schwarze Liste der OECD gesetzt werde, gibt es Möglichkeiten, war am Rande des letzten EU-Finanzministertreffens zu erfahren. So wird etwa eine Blockade für Finanzprodukte aus Ländern angedacht, die nicht zu einer Kooperation mit ausländischen Steuerbehörden bereit sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2009)

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