Bankgeheimnis: Österreich gibt nach

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Die Drohung mit der schwarzen Liste hat gewirkt. Österreich beugt sich dem internationalen Druck und lockert das Bankgeheimnis. Auch die Schweiz und Luxemburg lenken ein.

Wien. Eine jahrhundertealte Tradition gerät ins Wanken: Nach massivem internationalen Druck sieht sich Österreich gezwungen, das Bankgeheimnis zu lockern. Am Donnerstag hatten Andorra und Liechtenstein erklärt, sie wollen unter bestimmten Voraussetzungen Daten von ausländischen Bankkunden preisgeben.

Am Freitag folgten Österreich, die Schweiz und Luxemburg. Fast zeitgleich kündigten die Finanzminister der drei Länder an, dass sie das Bankgeheimnis den Richtlinien der Industriestaatenorganisation OECD anpassen werden. Künftig dürfen ausländische Behörden auch ohne laufendes Strafverfahren Einsicht in die Konten nehmen – ein begründeter Verdacht reicht aus.

Die eilige Entscheidung dürfte mit einer neuen schwarzen Liste von Steueroasen zusammenhängen, die OECD-Vertreter auf Wunsch von Deutschland vorbereitet haben. Zuletzt gab es Meldungen, dass sich Österreich auf dem Papier befinde. Dieses Wochenende werden die Finanzminister der 20 größten Industrienationen (G20) darüber beraten.

Opposition muss zustimmen

Finanzminister Josef Pröll beruhigt: Das in der Verfassung geschützte Bankgeheimnis bleibe grundsätzlich bestehen. Es müssten lediglich Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Ländern geändert werden.

Fachleute sehen die Sache differenzierter. Steuerexperte Werner Doralt vom Institut für Finanzrecht der Universität Wien vermutet im „Presse“-Gespräch, dass es Pröll darum geht, die Optik zu wahren. Laut Doralt können die vorgesehenen Änderungen im Parlament nur mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Dazu bedarf es der Zustimmung einer Oppositionspartei. Während von den Freiheitlichen ein klares Nein kommt, zeigen sich die Grünen gesprächsbereit.

Der besondere Clou bei der neuen Regelung, künftig Konten von ausländischen Kunden auch ohne Strafverfahren zu öffnen, besteht für Doralt darin, dass damit kein Bescheid mehr fällig wird – und damit gibt es auch keine Einspruchsmöglichkeit.

Laut Pröll wird sich für österreichische Staatsbürger nichts ändern. Sie sollen weiterhin Rechtsmittel gegen eine Kontoöffnung ergreifen können. Juristen befürchten, dass es mittelfristig auch für Inländer Änderungen geben wird.

Der Teufel steckt im Detail

Hintergrund: Wann ein Land einem anderen Informationen von Bankkunden geben muss, ist in Paragraf 26 eines OECD-Abkommens geregelt. Österreich hatte diesen Paragrafen bislang nicht akzeptiert, weil die Formulierungen zu unklar waren. Nach intensiven Verhandlungen in den OECD-Gremien wurde nun der Artikel 26 präzisiert und der Passus mit dem „begründeten Verdacht“ eingefügt.

Doch der Teufel steckt im Detail. Österreich muss in Verhandlungen mit anderen Ländern klären, wann ein solcher Verdacht vorliegt. Vor allem mit Deutschland zeichnen sich harte Gespräche ab. „Die Tatsache, dass ein Deutscher in Österreich ein Konto hat, reicht nicht aus, es müssen klare Verdachtsmomente vorliegen“, meint Pröll.

Deutsche Medien jubeln

Ein automatischer Informationsaustausch von Bankdaten, wie er von Deutschland gefordert wird und wie ihn bereits 24 der 27 EU-Mitglieder praktizieren, soll es laut Pröll auch künftig nicht geben. Steuerexperte Doralt bezweifelt allerdings, dass sich Österreich mit dieser Position in der EU noch lange durchsetzen kann.

Deutsche Medien feiern den Sieg über Österreich. „Es kommt einer Revolution gleich“, schreibt die „Welt“. Auf diese Weise könnten deutsche Finanzämter endlich an die Daten von Steuersündern geraten. „Spiegel Online“ kommentiert, dass sich der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück, auch bekannt als „Peitschen-Peer“, durchgesetzt habe.

AUF EINEN BLICK

Nach internationalem Druckhat Österreich angekündigt, sein Bankgeheimnis zur Erleichterung von Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung zu lockern. Bei „begründetem Verdacht“ einer ausländischen Behörde können künftig Kontodaten auch dann weitergegeben werden, wenn noch kein Strafverfahren wegen Steuerflucht eingeleitet worden ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2009)

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