Jihadismus: Österreich als "Hinterland und Sumpf"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und der Grüne Bundesrat Efgani Dönmez
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und der Grüne Bundesrat Efgani Dönmez (c) APA
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Die Innenministerin lobt im ORF die Großrazzia in Wien, Graz und Linz. Der Grüne Bundesrat Dönmez plädiert für "Adaptionen" im Datenschutz.

Anlässlich der Razzien am vergangenen Freitag haben "Im Zentrum" auf ORF 2 am Sonntagabend Politiker und Experten über die Radikalisierung von Jugendlichen in Österreich diskutiert. Gleich zu Beginn lobte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den Großeinsatz in Wien, Graz und Linz, bei dem 14 verdächtige Personen festgenommen wurden. Sie sei stolz auf Staatsanwaltschaft, Ermittler und Einsatzkräfte, so Mikl-Leitner. Zwei Zugänge seien ihrer Ansicht nach im Kampf gegen radikalisierte Muslime wichtig: Repression, wie besagter Einsatz, und Prävention.

Konrad Kogler, der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit in Österreich, sagte, dass es einerseits eine gesellschaftliche Debatte brauche, andererseits aber eine staatliche Grenzziehung, welchen Werten man sich verbunden fühle und welchen nicht mehr. Dem Staatsschutz seien "in den letzten Monaten jedoch im großen Ausmaß Möglichkeiten genommen worden", so Kogler in Anspielung auf neue Bestimmungen im Bereich des Datenschutzes.

Neue Medien und die Frage nach dem Zugriff

"Diese Gruppierungen benutzen massiv Neue Medien und die Frage ist, ob wir diese Daten nachverfolgen können", meinte Kogler weiter. Von Vorteil wären Verbindungsdaten, etwa von Telefonaten. Derzeit dürfen Daten neun Monate gesammelt werden. Wenn nach dieser Zeit bei verdächtigen Personen keine Beweise für kriminelles Verhalten gefunden werden können, müssen sämtliche Daten gelöscht werden.

Auch der Grüne Bundesrat Efgani Dönmez sprach sich in der Diskussion für "Adaptionen" im Datenschutz aus. Als weiteren Brennpunkt nannte er das Asylsystem Österreichs. Der Betreuungsschlüssel im Asylwesen (1:170) sei aus seiner Sicht als Sozialarbeiter "nicht mal Verwaltung." Dadurch entstehe ein Vakuum für Menschen aus Tschetschenien, Afghanistan und anderen Ländern. Außerdem sei Österreich "ein Hinterland, ein Sumpf" für Moscheen und Vereine, die durch Einflüsse aus dem Ausland radikalisiert würden.

Zöchling: Ausländisches Geld ermöglichte Radikalisierung

Besonders die Finanzierung von muslimischen Gemeinden, Vereinen und Moscheen aus Ländern wie Saudi Arabien ist laut den Experten ein Problem. Das gehe schon auf die Zeit zurück, als die ersten Gastarbeiter nach Österreich kamen, meinte die Journalistin Christa Zöchling ("profil"). Diese hätten nichts vorgefunden, wo sie sich treffen und religiös betätigen konnten. Moscheen entstanden mit Geldern aus dem Ausland, wodurch eine Politisierung und Radikalisierung des Islam möglich wurde. Auch würden muslimische Gemeinden keinerlei Förderungen erhalten wie etwa die katholische Kirche, wodurch sie auf diese Gelder und Spenden angewiesen seien. Hier benötige es eine Debatte darüber, welche Rolle Religion in unserer Gesellschaft insgesamt spiele.

Mikl-Leitner verwies auf das neue Islamgesetz, das derzeit von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) in Zusammenarbeit mit muslimischen Gemeinden ausgearbeitet wird und im Bereich der Finanzierung "Unabhängigkeit" von ausländischen Geldern vorsehe.

Bis Dienstag soll übrigens geklärt werden, ob die am Freitag im Zuge des Großeinsatzes festgenommenen Personen in Untersuchungshaft kommen. Innenministerin Mikl-Leitner zeigte sich zuversichtlich, dass die Beweislage dafür ausreiche. Wenn nicht würden die Personen auch nach ihrer Freilassung weiterhin unter Beobachtung des Staatsschutzes bleiben.

>> ORF-Sendung "Im Zentrum"

(APA)

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