407.206 ohne Job: Arbeitslosigkeit steigt weiter

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Im November gab es um 6,7 Prozent mehr Arbeitslose. Ältere Menschen sind vom Anstieg stärker betroffen. AMS-Chef Kopf rechnet weiter mit steigenden Zahlen.

Mit den neusten Arbeitslosenzahlen gehen die Alarmglocken an. Die Arbeitslosigkeit ist im November weiter gestiegen: Die vorgemerkten Arbeitslosen und die Schulungsteilnehmer zusammengerechnet waren 407.206 Personen ohne Job, gegenüber dem Vorjahresmonat ein Plus von 6,7 Prozent. Dennoch sieht der Vorstand des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf, das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Kopf rechnet mit weiter steigender Arbeitslosigkeit.

Die Kombination aus Rezession und wachsendem Arbeitskräfteangebot führe zu höheren Arbeitslosenzahlen, sagte Kopf im "Ö1-Mittagsjournal" des ORF-Radio: "Die Entwicklung ist ernst". In den Konjunkturprognosen sehe er keinen Lichtblick. Die aktive Arbeitsmarktpolitik könne nicht erreichen, dass die Arbeitslosigkeit zurückgehe. Dies wäre nur mit Konjunkturpolitik möglich.

Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition stieg auf 8,7 Prozent. Aktuell sind mit 331.756 um 29.858 Personen mehr beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos gemeldet, ein Anstieg um 9,9 Prozent. Dafür gab es mit 75.450 Schulungsteilnehmern um 5,3 Prozent weniger als im Vorjahr.

AK und ÖGB für Bonus-Malus-System

Auf die Einführung eines Bonus-Malus-Systems für ältere Arbeitslose pocht Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske. In eine ähnliche Richtung zeigt der ÖGB. "Zusätzliche Mittel für Arbeitsvermittlung sind zu wenig, wenn Unternehmen keine Menschen über 50 beschäftigen. Deshalb muss die Wirtschaft endlich ihre Blockade des Bonus-Malus-Systems aufgeben", fordert Bernhard Achitz, Leitender Sekretär des ÖGB.

Andere Rezepte im Kampf gegen Arbeitslosigkeit will die Industrie anwenden: Unternehmen brauchten attraktive Rahmenbedingungen, fordert der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, eine Senkung der Lohnnebenkosten. Finanzielle Spielräume für eine Senkung der Lohnnebenkosten bestünden beim Unfallversicherungsbeitrag und beim Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds.

Hundstorfer drängt auf Steuerreform

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) drängt angesichts der enttäuschenden Zahlenerneut auf Maßnahmen um die Konjunktur anzukurbeln: Eine kaufkraftstärkende Steuerreform und neue Finanzierungsmodelle für den öffentlichen Wohnbau würden wichtige Wirtschaftsimpulse setzen, so der Minister in einer Aussendung.

Hundstorfer setzt auch Hoffnung in das jüngst vorgestellte 325 Mrd. Euro-Paket der EU-Kommission zur Belebung der Investitionen. Bei einer raschen Umsetzung aller Vorhaben könnte sich die Situation am Arbeitsmarkt im Laufe des nächsten Jahres wieder drehen und ein Rückgang der Arbeitslosigkeit erreicht werden, meint der Minister.

Zahl der Langzeitarbeitslosen verdoppelt

Vom neuerlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit sind einige Gruppen überproportional betroffen. So wuchs die Zahl der über 50-Jährigen Arbeitslosen im November um 13,0 Prozent auf 85.758 Personen. Auch waren deutlich mehr Ausländer als im Vorjahr arbeitslos: Ihre Zahl stieg um 19,8 Prozent auf 89.731 Personen, geht aus den Zahlen des AMS hervor. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, also Menschen die länger als zwölf Monate arbeitslos gemeldet sind, hat sich im Vorjahresvergleich mehr als verdoppelt: Diese Gruppe wuchs um 120,1 Prozent auf 16.447 Personen.

Rückgang bei 15- bis 19-Jährigen

In Relation etwas günstiger schaut es am Arbeitsmarkt für die Jungen aus: Die Arbeitslosigkeit von Jugendlichen von 15 bis 24 Jahren stieg im November unterdurchschnittlich um 4,8 Prozent zum Vorjahr. Bei den jüngsten, den 15 bis 19-Jährigen, ging die Arbeitslosigkeit sogar um 0,9 Prozent zurück.

Mehr Lehrstellensuchenden Ende November stand ein kleiner Anstieg beim Bestand an gemeldeten offenen Lehrstellen gegenüber. Die Lehrstellenlücke ist gegenüber dem Vorjahr um 218 auf 2.656 angestiegen. Hier gibt es ein West-Ost-Gefälle: Während in Oberösterreich, Salzburg und Tirol mehr offene Lehrstellen als Suchende registriert wurden, war dies im Osten umgekehrt: Im Burgenland kommen durchschnittlich drei, in Niederösterreich mehr als 3,5 und in Wien sogar beinahe 5,5 Lehrstellensuchende auf eine gemeldete offene Lehrstelle.

>>Karte: Regionale Arbeitslosigkeit: Wien am stärksten betroffen

(APA)

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