Moldauer bekräftigen Europa-Kurs

ROMANIA MOLDOVA ELECTIONS
ROMANIA MOLDOVA ELECTIONS(c) APA/EPA/ROBERT GHEMENT (ROBERT GHEMENT)
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Bei der Parlamentswahl trugen die prowestlichen Parteien einen knappen Sieg davon. Überschattet wird ihr Erfolg vom kurzfristigen Ausschluss einer prorussischen Partei.

Chişinau. Nach Auszählung von knapp 90 Prozent der Stimmen deutet vieles in der Republik Moldau auf eine Weiterführung der bisherigen proeuropäischen Regierungskoalition unter Premier Iurie Leanca hin. Die drei wichtigsten Parteien der bisherigen Regierungskoalition dürften künftig laut Hochrechnungen 56 (von 101) Abgeordneten stellen. Die Wahlen gewonnen hat mit knapp 22 Prozent die russlandfreundliche Sozialistische Partei. Erst an zweiter Stelle konnte sich mit 19Prozent Leancas proeuropäische Liberaldemokratische Partei platzieren.

Schon knapp dahinter liegen mit 18Prozent die Kommunisten, die das im Sommer von der Regierung unterzeichnete EU-Assoziationsabkommen in dieser Form ablehnen und eine engere Anlehnung an Russland anstreben – ohne allerdings die EU völlig links liegen zu lassen, wie dies die siegreichen Sozialisten anstreben. Leancas Juniorregierungspartner, die Demokratische Partei (15,8 Prozent), sowie die einer Vereinigung mit Rumänien nicht abgeneigten Reformliberalen (9,4Prozent) haben ebenfalls die Sechsprozenthürde übersprungen.

Geschäftsmann floh nach Moskau

Noch unklar war am Montagmittag, ob die mit fünf Prozent überraschend starken Reformkommunisten das Quorum auf der Zielgeraden noch erreichen können. Noch fehlen vor allem die Stimmen vieler moldauischer Gastarbeiter in Russland sowie EU-Staaten wie Italien, Portugal und Spanien. Bestätigen sich die vorläufigen Wahlresultate, haben die EU und der Euro-Turbo Iurie Leanca einiges zu feiern. Allerdings legt sich mit dem Wahlausschluss der Protestpartei des in Russland tätigen moldauischen Geschäftsmanns Renato Usatii ein großer Schatten auf den Wahlsieg der proeuropäischen Kräfte. Usatiis Patria-Partei (Vaterland) war erst wenige Tage vor dem Wahlgang von der Zentralen Wahlkommission und in der Folge von zwei Gerichten unerlaubte Parteifinanzierung aus dem Ausland vorgeworfen worden. Auch tauchten in regierungsfreundlichen Medien Meldungen über Waffenfunde in Usatiis Umfeld auf. Der illustre Geschäftsmann floh daraufhin nach Moskau und sprach von einer politisch motivierten Hetzjagd.

Ins gleiche Horn bläst seitdem der Kreml. Doch auch Brüssel und Washington zeigten sich besorgt über das Vorgehen der moldauischen Justiz. „Ein Ausschluss am Tag vor der Wahl riecht ganz nach russischer Polittechnologie“, erzählt Roman Udot, der Vorsitzende der unabhängigen russischen Wählervereinigung Golos, im Gespräch mit der „Presse“ in Chişinau. Udot will nicht ausschließen, dass die Usatii-Partei eigens vom Kreml geschaffen wurde, um damit die Parlamentswahlen zu diskreditieren.

(C) DiePresse

Der Wahlverlauf selbst ließ am Sonntagabend aber keine solch dramatischen Rückschlüsse zu. Laut der moldauischen Wahlbeobachtermission von Promo-Lex kam es „nur“ in 2,7Prozent der Stimmlokale zu Verstößen gegen das Wahlgesetz. „Insgesamt verlief diese Abstimmung ruhig und friedlich“, erklärte Missionschef Pawel Postika eine Stunde vor Wahlschluss. Auch die Beobachter der OSZE lobten den Wahlgang, kritisierten aber die undurchsichtige Gesetzeslage in puncto Parteienfinanzierung.

Ein kurzer Serverausfall am Sonntag beschäftigte noch tags darauf die ersten Kunden eines Zeitungskiosks an der Satful-Tarii-Straße. „Die Serverprobleme vom Sonntag wurden doch nur provoziert, um so das Resultat leichter fälschen zu können“, sagte ein junger Heißsporn mit prokommunistischen Sympathien. Er sei deshalb der Wahl einfach ferngeblieben, meint ein anderer. Sie hoffe einfach, dass es nun mit der Republik Moldau endlich bergauf gehe, egal, wer regiere, kontert die Zeitungsverkäuferin.

AUF EINEN BLICK

Bei den Parlamentswahlen in der Republik Moldau erhalten die proeuropäischen Kräfte nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmzettel 56 der 101 Sitze im Parlament. Damit dürfte der europäische Weg, den die Republik Moldau seit der Machtübernahme durch die proeuropäischen Allianzen 2009 eingeschlagen hat, weitergeführt werden. Die Überraschung der Wahl war das gute Ergebnis der prorussischen Sozialisten unter Igor Dodon, die mit knapp 22 Prozent der Wählerstimmen stärkste Kraft wurden. Anhänger der Patria-Partei, die kurz vor den Wahlen ausgeschlossen worden ist, dürften für die Sozialisten gestimmt haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2014)

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