Westenthaler-Prozess: "Studie war aus Google zusammengeschrieben"

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Westenthaler-Prozess: "Studie war aus Google zusammengeschrieben"APA/GEORG HOCHMUTH
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Westenthalers ehemaliger Leibwächter berichtete über das Gutachten, für das die Lotterien 300.000 Euro bezahlten.

Zu Beginn des zehnten Verhandlungstags im Betrugs- und Untreueprozess gegen Peter Westenthaler ist am Donnerstag der ehemalige Leibwächter des früheren BZÖ-Obmanns als Zeuge vernommen worden. Der 44-Jährige war persönlich zugegen, als Westenthaler im Juli 2006 seinem engen Vertrauten Kurt Lukasek den Auftrag erteilte, ein Gutachten zum Online-Glücksspiel und Responsible Gaming zu erstellen.

Lukasek fabrizierte daraufhin ein neunseitiges Dokument, für das in weiterer Folge die Österreichischen Lotterien dem BZÖ 300.000 Euro überwiesen. Einem von der Justiz bestellten Sachverständigen zufolge, der das Papier prüfte, war dieses inhaltlich wertlos. Laut Anklage soll es sich bei dem Schriftstück um die Basis für eine "Scheinrechnung" gehandelt haben, die zur Verschleierung einer "Schmiergeldzahlung" diente, auf die sich Westenthaler mit dem damaligen Generaldirektor der Casinos Austria AG, Leo Wallner, geeinigt hatte. Westenthaler will mit diesem Zahlungsfluss nichts zu tun gehabt haben.

Westenthalers Leibwächter bekam keine Kontakte zwischen den Lotterien und dem BZÖ mit. Auch das Glücksspielgesetz habe sich nicht auf Westenthalers Agenda befunden. "Es gab keinen einzigen Termin in dieser Sache", sagte der 44-Jährige auf Befragen von Richter Wolfgang Etl. Westenthaler habe dazu in seinem Beisein auch keine telefonischen Gespräche geführt: "Wenn er's gemacht hat, dann hat er's mit der Buschtrommel gemacht." Westenthalers Handy habe sich "mehr in meinem Sakko als in seinem" befunden, so der Zeuge.

"Kannst da ein paar Seiten z'sammschreiben?"

Eines Tages habe Westenthaler mit den Worten "Kannst da ein paar Seiten z'sammschreiben?" Lukasek mit der Erstellung der Studie zum Responsible Gaming beauftragt. Auf Lukaseks Frage, wann Westenthaler das Dokument benötige, habe dieser "So schnell es geht" entgegnet, so dessen Ex-Leibwächter. Lukasek habe danach ihm gegenüber "unter Kollegen" ein "Boah, was soll ich da wieder schreiben?" fallen lassen, erinnerte sich der Zeuge. Er selbst habe "das Ding erst ein paar Wochen später gesehen" und "nie gelesen", gab der 44-Jährige an: "Es war nicht wichtig. Mein Objekt der Dringlichkeit saß vor mir im Auto."

Als "Studie" wollte der frühere Leibwächter, der mittlerweile in Deutschland lebt und als kaufmännischer Angestellter tätig ist, Lukaseks Ausführungen nicht bezeichnen: "Das Wort 'Studie' fällt mir schwer". Das "Zettelwerk" sei ja "aus Google zusammengeschrieben" worden. Dass die Österreichischen Lotterien dafür 300.000 Euro bezahlten, konnte sich der 44-Jährige "logisch nicht erklären. Da fällt man aus allen Wolken. Das Leben hätt' ich auch gern." Und weiter: "Für 300.000 Euro muss auch eine Oma lang stricken."

Der Richter versuchte in weiterer Folge der inkriminierten kausalen Verbindung zwischen Westenthaler und der 300.000-Zahlung auf den Grund zu gehen. Während der Leibwächter im Ermittlungsverfahren auf die Frage, ob außer Westenthaler beim BZÖ sonst noch jemand den Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Studie zum Responsible Gaming kannte, angegeben hatte, er müsse das verneinen, nahm der 44-Jährige diese Aussage im Zeugenstand deutlich zurück. Er habe "das verwechselt". Er glaube nicht, "dass Westenthaler davon etwas wusste. Wer da mit wem etwas abgemacht hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Das muss im Vorfeld des Herrn Westenthaler stattgefunden haben." Westenthaler habe sich "in Sachen Finanzen extrem zurückgehalten". Er habe sich "um dieses Thema überhaupt nicht gekümmert."

Der 44-Jährige merkte auch noch an, nach seinem Dafürhalten hätte Westenthaler gar nicht die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Gesetzgebung - etwa zugunsten der Österreichischen Lotterien - zu nehmen: "Er hat das Parlament nur als Gast, als Spitzenkandidat besucht."

"Den Grasser habe ich offenbar verdrängt"

Im Anschluss ging es um den zweiten Anklage-Komplex, eine im Dezember 2003 vom Nationalrat beschlossene Sonderförderung in Höhe von einer Million Euro, die den Vereinen der österreichischen Fußball-Bundesliga zugutekommen sollte.

Der damalige Bundesliga-Vorstand Westenthaler und sein Co-Vorstand Thomas Kornhoff sollen die Million zweckentfremdet und zur Tilgung einer Finanzschuld der Bundesliga verwendet haben. Die Anklagebehörde qualifiziert das als schweren Betrug. Wie dazu nun der ehemalige Kabinettschef von Ex-Sportstaatssekretär Karl Schweitzer als Zeuge erklärte, sei im Herbst 2003 die Förderung des Fußball-Nachwuchses im Hinblick auf die Fußball-EM 2008 "im Raum gestanden".

"Vom Kabinett des Finanzministers ist an uns herangetragen worden, ob wir Geld aus unserem Budget zur Verfügung stellen können", erinnerte sich der Zeuge. Mit Finanzminister Karl-Heinz Grasser habe er darüber "nie ein Wort gesprochen". Der Zeuge erinnerte sich lediglich an einen Referenten im Ministerium, mit dem er sich unterhalten habe. In seiner polizeilichen Einvernahme hatte der Zeuge 2011 allerdings den Namen Grasser genannt. Auf diesen Widerspruch aufmerksam gemacht, bemerkte er: "Den Grasser habe ich offenbar verdrängt."

Die Mittel der Sportförderung seien schon erschöpft gewesen. Das Thema sei daher im Staatssekretariat "dann etwas eingeschlafen", gab der Zeuge an. Im Finanzministerium sei in weiterer Folge eine Sonderförderung im Wege eines Budgetbegleitgesetzes beschlossen worden. Die Umsetzung wurde dem Sport-Staatssekretär überlassen. In einem Textentwurf, in dem die Förderung begründet wurde, vermerkte Schweitzers Kabinettschef am 21. November 2003, die Subvention sei "für die Jugendförderung zweckgebunden".

Anschließend sagte Grasser selbst als Zeuge aus.

(APA)

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