Umfrage: Jobmotor Mittelstand stockt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Erstmals seit 2009 haben kleine und mittlere Unternehmen mehr Personal abgebaut als eingestellt. Das Baugewerbe ist am Boden, Dienstleister und Industrie sind stabil.

Wien. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) galten bisher trotz Krise als verlässlicher Jobmotor. 99,6 Prozent der Unternehmen in Österreich sind KMU, 67 Prozent der Beschäftigten arbeiten dort, und 43 Prozent der Umsatzerlöse (441 Mrd. Euro) werden von KMU erwirtschaftet. Damit ist das Befinden des Klein- und Mittelstandes ein wichtiger Indikator für das wirtschaftliche Wohlergehen des Landes.

Doch der Jobmotor stockt. Erstmals seit 2009 ist der Personalstand der Betriebe rückläufig (siehe Grafik). Einer Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zufolge haben nur 20,8 Prozent der 1700 befragten Mittelständler neue Arbeitsplätze geschaffen, während 21,2 Prozent Personal abgebaut haben. Das ergibt einen negativen Saldo von minus 0,4 Prozentpunkten. 2009 war die Lage mit einem Minus von 18,5 Prozentpunkten zwar wesentlich ernster – trotzdem ist das eine bedenkliche Entwicklung.

Erwartungen unter 2009

Die kommenden sechs Monate schätzen die Unternehmer, was ihren Personalstand betrifft, mit einem Negativsaldo von minus 14,9 Prozentpunkten sogar noch düsterer ein als im Vergleichszeitraum 2009. Nur acht Prozent der Unternehmen gaben an, in den nächsten sechs Monaten Mitarbeiter einstellen zu wollen. Ähnlich trist sieht es bei der Auftragslage aus: Auch hier ergibt der Saldo aus Ein- und Rückgängen ein Minus von 11,5 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Der Abwärtstrend ist aber schon länger vorhanden: „Wir beobachten das seit Ende 2012“, sagt Gerhard Weinhofer von der Creditreform. „Die nach unten revidierten Prognosen der Wirtschaftsforscher schlagen sich derzeit negativ auf die Investitionsbereitschaft und die Personalentwicklung nieder.“

Verschärft werde die Lage durch das geopolitsche Umfeld – Russland, aber auch die wirtschaftliche Schwäche von Italien und Frankreich sowie auch das neuerdings verlangsamte Wachstum in Deutschland, dem wichtigsten Exportmarkt Österreichs.

Der mittelständische Unternehmer Herbert Wimberger, Chef des Sanitärarmaturen-Herstellers Wimtec, will nicht alles auf die Konjunktur abwälzen und sieht die Probleme anders gelagert: „In meinem Umfeld sehe ich viele Unternehmen, die händeringend Facharbeiter suchen. Bei uns sind derzeit drei Stellen ausgeschrieben, ein Elektriker, ein Werkzeugmacher und ein Assistent der Geschäftsführung. Nur schickt mir das Arbeitsmarktservice keine Kandidaten in der Qualität, wie ich sie gern hätte.“

Für innovationsfreudige Unternehmen, die auch im Ausland präsent seien, sei die Lage nicht so schlecht: „Wir haben gerade Wimtec Deutschland gegründet und heuer ein Umsatzwachstum von 14 Prozent erzielt“, sagt Wimberger.

Industrie stabil, Baugewerbe am Boden

Dass es nicht allen Branchen gleich schlecht geht, zeigt auch die Creditreform-Umfrage. Am besten schneidet der Dienstleistungssektor ab, der als einzige Branche deutlich mehr Personal eingestellt als abgebaut hat. Hier zeichnet sich besonders der Handel als einstellungsfreudig aus – trotz Umsatzeinbußen. Auch die Industrie sei qua Personal robust aufgestellt, meint Weinhofer.

Sehr schlecht sieht es hingegen im Baugewerbe aus: Nur knapp 18 Prozent der mittelständischen Betriebe haben in den vergangenen sechs Monaten Personal eingestellt, mehr als jeder Vierte hat Stellen gestrichen – und das auch in den Sommermonaten, wenn am Bau eigentlich Hochkonjunktur herrschen müsste. Besserung ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Neue Infrastrukturprojekte in der Größenordnung des Wiener Hauptbahnhofs, die die Konjunktur beleben könnten, sind keine in Sicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

PK OESTERREICHISCHE NATIONALBANK (OENB): NOWOTNY
Österreich

Nationalbank halbiert Wachstumsprognose erneut

Die OenB erwartet heuer für Österreich nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent. Vor einem Jahr sind die Analysten noch von 1,6 Prozent ausgegangen. Was ist passiert?
Symbolbild
Österreich

Konjunktur: Siechtum statt Wachstum

Wenn es so weitergeht, befindet sich Österreich bald offiziell in einer technischen Rezession. Die Wirtschaftsleistung sank im dritten Quartal um 0,1 Prozent.
Wirtschaftsflaute
Österreich

Jeder dritte Betrieb plant Jobabbau

Düsteres WKÖ-Barometer: Vor allem bei Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern trübte sich die Stimmung stark ein. Wirtschaftskammer-Chef Leitl nennt die Ergebnisse "erschreckend" und fordert staatliche Anreize.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.