Gericht: Grasser verteidigt Westenthaler

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Hat Peter Westenthaler in seiner früheren Rolle als Bundesliga-Vorstand schweren Betrug begangen? Zeuge Karl-Heinz Grasser will darüber „keine Wahrnehmung“ haben.

Wien. Mit dem Wort Freundschaft ist Karl-Heinz Grasser vorsichtig geworden. „Freundschaft oder Bekanntschaft?“, sinniert er am Donnerstag als Zeuge im Straflandesgericht Wien – darüber könne man nun diskutieren. Richter Wolfgang Etl (und auch die am Prozess beteiligten Anwälte) interessiert, ob „sein“ Angeklagter Peter Westenthaler, zweifellos einst ein Parteifreund Grassers, auch ein persönlicher Freund des Ex-Finanzministers sei.

Gemeinsame FPÖ-Zeiten hin oder her – man einigt sich auf das Wort Bekanntschaft. Heutzutage, so sagt Grasser, würde er den nunmehrigen Angeklagten „vier-, fünfmal im Jahr“ sehen. Es habe Zeiten gegeben, da habe man einander „nicht gemocht“. Grasser ist also Zeuge. Und Westenthaler muss sich dafür rechtfertigen, dass er 2004 in seiner Zeit als einer von zwei Vorständen der österreichischen Fußball-Bundesliga (auch der damalige Ko-Vorstand Thomas K. ist nun mitangeklagt) eine Million Fördergeld verwendete – und zwar widmungswidrig. So sieht das die Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Anstatt die vom Nationalrat im Dezember 2003 beschlossene Förderung im Hinblick auf die Euro 2008 österreichischen Nachwuchsfußballern zugutekommen zu lassen, habe Westenthaler das Geld zur Begleichung einer Finanzschuld der Liga verwendet. Grasser dazu: „Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der Förderung und der Finanzschuld.“

Ebenso argumentiert Westenthaler („Bekenne mich nicht schuldig“). Dies ist aber nur einer von zwei Anklagepunkten. Westenthaler soll 2006 (damals war er BZÖ-Obmann) auch an der Überweisung von 300.000 Euro an die BZÖ-Agentur „Orange“ beteiligt gewesen sein (Grundvorwurf: Untreue). Das Geld soll für eine von seinem Assistenten Kurt Lukasek eilig gebastelte „Studie“ geflossen sein. Ex-Casinos-General Leo Wallner soll dies beauftragt haben (er ist, wie berichtet, ebenfalls angeklagt, aber aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungsfähig).

Aber zurück zu Grasser. Nachdem sich dieser durch einen dichten Pulk aus Fotografen in den voll besetzten Verhandlungssaal gekämpft hat (Richter: „Ich habe Verständnis für das mediale Interesse“), ist der Kern seiner Zeugenaussage schnell erzählt. Ja, sein „Bekannter“ Westenthaler sei damals wegen der Schulden der Bundesliga, also wegen einer „Altlast“ (die Schulden beliefen sich auf 1,6 Millionen Euro), zu ihm gekommen. Grasser: „Ich habe ihn zur Finanzprokuratur geschickt.“ Zur Erklärung: Diese stellte damals die Forderung an die Liga. Und nein, er, Grasser, habe dem Präsidenten der Prokuratur, Wolfgang Peschorn, keine Weisung erteilt.

Hilfe durch Fördermillion? „Absurd!“

Grasser: „Ich dachte, wenn er sich das mit der Prokuratur ausmacht, soll es mir recht sein. Ich wollte als Parteifreund jedenfalls nicht politisch entscheiden.“ Das Schnüren des Eine-Million-Euro-Förderpakets sei von Kanzler Wolfgang Schüssel (auch dieser sagte bereits als Zeuge aus) begonnen worden. „Der Bundeskanzler hat mir mitgeteilt, dass er eine Zusatzmillion haben will.“ Der im Kanzleramt angesiedelte Sport-Staatssekretär Karl Schweitzer dürfte, so vermutet Grasser, wegen schlechter Kommunikation erst später davon erfahren haben. Mit Verabschiedung eines Budgetbegleitgesetzes wurde die Million dann Realität.

Die Konstruktion der Anklage, soweit er diese aus den Medien kenne, sei ihm nicht klar, so Grasser: „Hätte die Politik (der Bundesliga, Anm.) helfen wollen, hätte es der Fördermillion nicht bedurft. Das ist absurd.“ Man hätte wohl in der Bundesregierung per Beschluss einen Weg gefunden, der Liga die von der Prokuratur geforderte Verbindlichkeit zu erlassen. Am 13. Jänner wird weiterverhandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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