Wien Wieden: Zuhause bei Ana Berlin und Rüdiger Andorfer

Ein Faible für Bilder, bestimmte Farbcodes und Retromöbel prägen die individuelle Atmosphäre der Wohnung von Ana Berlin und Rüdiger Andorfer in Wien Wieden.

Das Wohnungsinserat im Internet zeigte nur ein einziges Foto: „Einen Blick auf Blätter“, erzählen Ana Berlin und Rüdiger Andorfer. Dennoch beschlossen sie, sich diese Wohnung im vierten Wiener Gemeindebezirk anzusehen, von der aus man eine derart grüne Aussicht haben soll. Die Wohnung erwies sich als Glücksgriff, zudem wurde der Garten im Hinterhof – groß, etwas verwildert und mit alten Bäumen – zur alleinigen Benützung mitvermietet. Dafür ging das kreative Paar – Berlin betreibt eine Kommunikationsagentur im Kulturumfeld, Andorfer leitet das Arnulf-Rainer-Museum in Baden – hinsichtlich des Zustands gern Kompromisse ein. Ohnehin konnten sie vom Wiener Wohnungsmarkt nur positiv überrascht werden. Sie kamen von Paris nach Wien zurück – und fanden sich zu preislich ähnlichen Bedingungen eben nicht in einem 30-Quadratmeter-Appartement im fünften Stock ohne Lift in mittelprächtiger Lage wieder, sondern auf 120 Quadratmetern Altbau in einem schönen Grätzel in einer ruhigen Gasse mit Park. Und Garten eben.
Einiges haben die beiden aus den Pariser Jahren mitgebracht – und nun auch den Platz, die Dinge wirken zu lassen: die weißen Stühle aus den Fifties, den alten Barschrank mit Innenbeleuchtung. Oder die Vorstellungen, wie die Dinge zu ordnen sind: „In der Küche haben wir quasi Copy & Paste gemacht und die Pariser Idee nach Wien transferiert“, sagt Berlin. Auch das Zusammenstellen von Entlegenem bereitet ihnen schon lang Freude: Schnitzkunst aus Sri Lanka, Omas Zierengel, ein moderner Spiegel. Glaskugeln, Tischuhr und Kommode mit Retrobeinen werden „eklektizistisch arrangiert“. Vieles in den Räumen der sechsköpfigen Familie (eine Tochter, drei Katzen), stammt aus den Fünfzigern und Sechzigern, wurde zwar nicht gezielt gesucht, hat aber seinen Weg zu Berlin und Andorfer gefunden. Der Hocker von Patrick Rampelotto in der Küche ist eines ihrer wenigen aktuellen Stücke.
Wobei der Platz in der großen Wohnung schon knapp werden kann: „Kommt ein neues Stück, muss ein altes gehen“, erklärt Berlin, die mehr zum Sammeln neigt als Andorfer. Überhaupt schätzen die beiden kleine, laufende Veränderungen. Wobei es fixe Größen gibt, etwa den langen, schmalen Tisch aus Nussholz von Andorfers Vater, einem Tischler und Restaurator. Rundherum ganz unterschiedliche Stühle – Roland Rainers, Thonets, eine Jacobsen-Ameise. Daneben ein schwarzer Klappstuhl: „Niko Kralj war der Comecon-Designer schlechthin. Vor ein paar Jahren hat ein junger Slowene begonnen, die Stühle von Kralj wieder zu produzieren“, erzählt Berlin.

Farben und Atmosphäre

Dem Sinn für schöne, originelle, ungewöhnliche Dinge folgen die beiden beruflich wie zu Hause. „Wir sind uns beim Dingehängen oder Dingekaufen erstaunlich einig“, sagt Berlin. Stimmigkeit herrscht auch bei den Bildern, denen sie im Lauf ihrer Arbeit im Kulturbetrieb begegnet sind: „Alles, was an der Wand hängt, hat auch eine Geschichte. Weniges haben wir bloß so gekauft“, erzählt Andorfer. Einigen können sie sich auch auf einen Lebensstil ohne viel Hightech: „Mir ist früher in vielen Wohnungen aufgefallen, dass die Kommunikation auf den Fernseher ausgerichtet ist. Wir haben keinen.“ Vielmehr finden sich mehrere kleine Sitzplätze – ein schöner Vierertisch im großen Schlafzimmer, eine kleine Bank, die die Fensterlaibung ausfüllt. Dass am Boden des Wohnzimmers ein Orientteppich liegt, macht die Anmutung nicht etwa traditionell, sondern gibt – neben dem neuen Schwedenofen – dem coolen Raum zusätzliche Wärme. Hinzu kommt, dass Andorfer und Berlin gern mit Farben experimentieren, so zieht sich ein Fifties-Farbcode (Lilienporzellan-like) durch Küche und Wohnzimmer, in dem eine Wand auch rosa sein darf. Einen schönen Kontrast bildet eine rot-weiß gestreifte Stoffbahn an der Wand – einfach mit Klammern befestigt.
Und was das Umfeld ihrer Wohnung unweit der Wirtschaftskammer betrifft? Da sind Berlin und Andorfer immer noch begeistert. „Die Wohnung liegt superzentral und im Sommer ist es nur grün rundherum“, schwärmt Andorfer. Dass sich die Nachbarn in dem sanierten Gründerzeithaus auch alle kennen, kommt als Sympathiebonus noch hinzu.

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