Opec hadert mit eigenem Ungehorsam

(c) AP (Nabil al-Jurani)
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Der Verfall des Ölpreises wird von Opec-Mitgliedern verstärkt, die sich nicht an die ausgemachten Förder-Quoten halten. Neue Kürzungen gibt es aus Sorge um die Weltwirtschaft aber nicht.

Wien (ag./jaz). Der saudische Ölminister Ali al-Naimi hat es zurzeit nicht einfach. Einerseits leidet sein Land als größter Erdölproduzent der Welt massiv unter dem deutlichen Verfall des Ölpreises seit dem Höchststand im Vorjahr. Anstatt rund 1,4 Mrd. Dollar – wie in den Sommermonaten 2008 – fließen zurzeit nur etwa 350 Mio. Dollar pro Tag in die Kassen des Königreichs. Andererseits muss er sich innerhalb des Ölkartells Opec für einen behutsamen Umgang mit Förderkürzungen einsetzen, damit die angeschlagene Weltwirtschaft durch plötzlich ansteigende Energiepreise nicht noch zusätzlich geschwächt wird. Die Saudis haben nämlich Milliarden an Petro-Dollars in westlichen Unternehmen investiert.

Iran hält sich nicht an Quote

Für Verärgerung dürfte in Riad daher der laxe Umgang anderer Kartellmitglieder mit den bereits Ende 2008 ausgemachten Förderkürzungen sorgen. In drei Treffen zwischen September und Dezember des Vorjahres beschloss die Opec ihre Förderung um 4,2 Mio. auf knapp über 30 Mio. Fass pro Tag zu reduzieren. Bislang wird diese Reduktion aber nur zu rund 80 Prozent erfüllt. „Wir wollen die Einhaltung der Quoten so hoch wie möglich sehen. Sie kann auf jeden Fall besser sein“, meinte al-Naimi vor Beginn des jüngsten Opec-Treffens am Sonntag in Wien.

Saudiarabien produziert zur Zeit sogar 166.000 Fass pro Tag weniger, als es laut seiner Quote dürfte. Im Gegenzug liegt beispielsweise der Iran um 277.000 Fass über seiner Quote. Der Mullah-Staat erfüllt seine Kartell-interne Verpflichtung nur zur Hälfte. Pikant ist dabei, dass gerade der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad einen hohen Ölpreis gerne als Waffe gegen den Westen verwenden möchte und immer wieder für drastische Fördersenkungen plädiert.

Eine weitere Senkung der Opec-Fördermenge gibt es aus Sorge um die Weltwirtschaft aber nicht. Zwar forderte der algerische Energieminister Chakib Khelil eine weitere Kürzung um zumindest 500.000 Fass pro Tag. Die Mehrheit sprach sich bei den Verhandlungen in Wien jedoch gegen einen solchen Schritt aus. Das entsprach den Empfehlungen der Experten: „Die Opec sollte keinesfalls an Fördersenkungen denken, bevor sie nicht ihre Quoten einhält. Das Letzte, was die Weltwirtschaft derzeit braucht, ist ein Preissprung bei Öl“, meinte dazu Francisco Blanch von Merrill Lynch.

Laut der Internationalen Energie Agentur (IEA), die die Sichtweise der Konsumentenländer vertritt, stimuliert der Ölpreis-Verfall die Weltwirtschaft in einem Ausmaß von rund einer Billion Dollar. Die Ölexporteure sind mit dem aktuellen Preisniveau aber unzufrieden. „Es gibt viele Produzenten, die jetzt ihre unrentable Förderung einstellen müssen. Wenn der Preis zwischen 70 und 75 Dollar liegen würde, wären alle glücklich“, sagte al-Naimi. Hilfe könnte die Opec nun von unerwarteter Seite bekommen. So kündigte der russische Vizeministerpräsident Igor Setschin an, dass sein Land die Ölexporte drosseln werde. Russland ist nach Saudiarabien der zweitgrößte Ölproduzent der Welt. Bislang hat das Land bei der Opec nur Beobachterstatus. Künftig wolle sich Russland aber noch enger mit den Opec-Mitgliedern abstimmen, so Setschin weiter.

Keine neuen Investitionen

Aufgrund der Wirtschaftskrise ist die Nachfrage in den Industrienationen deutlich eingebrochen. Laut IEA wird sie heuer zum zweiten Mal in Folge sinken – erstmals seit 1983. Über das gefallene Preisniveau herrscht im Westen vornehmlich Freude. Allerdings birgt es nach jüngsten Studien der IEA auch eine große Gefahr in sich. So sind sämtliche Investitionen in neue Ölfelder gestoppt oder verschoben worden. Die Produktion der bestehenden Förderstätten sinkt aber um gut sieben Prozent pro Jahr. Dies könnte dazu führen, dass das Preispendel bei einer Erholung der Weltwirtschaft wieder in die andere Richtung ausschlägt und es zu neuerlichen Höchstständen beim Ölpreis kommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2009)

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