In reichen Ländern stehen Einkommen seit Jahren still, errechnet die Internationale Arbeitsorganisation ILO. Damit schwindet die letzte Hoffnung auf echten Aufschwung in Europa.
Es ist der letzte Strohhalm, an den sich Europas Ökonomen klammern, wenn sie für 2015 doch irgendwo Wachstum erwarten: der Konsum der Bürger. Doch blickt man in den aktuellen „Global Wage Report“ der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), wird schnell klar, dass die konjunkturtreibenden Einkaufshorden ausbleiben dürften.
Inflationsbereinigt stiegen die Löhne in den reichen Industrieländern seit acht Jahren de facto nicht mehr an, schreibt die ILO. Entsprechend zurückhaltend seien die Bürger bei ihren Ausgaben. Für Österreich ist diese Entwicklung nicht neu. Hierzulande ist es seit einem knappen Vierteljahrhundert zu keiner realen Steigerung der Nettolöhne pro Kopf gekommen. Was die Inflation übrig lässt, fällt Steuererhöhungen und kalter Progression zum Opfer.
Südamerika fällt zurück
Dass die Arbeitseinkommen im Vorjahr zumindest global noch um zwei Prozent (2012: drei Prozent) gestiegen sind, ist einzig den asiatischen und osteuropäischen Schwellenländern zu verdanken. Die Hälfte des ohnedies schwachen Anstiegs steuert die Volksrepublik China im Alleingang bei. Hier kletterten die Löhne und Gehälter 2013 um 7,3 Prozent.
Damit schließt sich die Lohnschere zwischen den alten und neuen Wirtschaftsmächten zwar langsam aber kontinuierlich. Seit der Jahrtausendwende konnte ein chinesischer Staatsbeamter seinen Lohn etwa im Schnitt von 168 US-Dollar (136 Euro) auf heute 692 Dollar vervierfachen, so die ILO. Gemessen an der Kaufkraft verdient ein Angestellter in einem Industriestaat aber im Schnitt immer noch drei Mal mehr als sein Kollege in einem Entwicklungs- oder Schwellenland.
Am langsamsten holen die Arbeitnehmer in Afrika und Südamerika ihre Kollegen in reichern Staaten ein. Im kommenden Jahr dürften ihre Gehälter laut Prognose der ILO auf niedrigstem Niveau de facto stagnieren.