Inflation: Wie der Staat das Leben verteuert

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Österreich hat die höchste Teuerung in der Eurozone. Das wäre angesichts der Deflationsgefahr in Europa eigentlich positiv. Aber nicht robustes Wachstum, sondern Steuern und Gebühren treiben die Preise.

Wien. In ganz Europa herrschen niedrige, mancherorts sogar negative Inflationsraten. In ganz Europa? Nein, ein kleiner Alpenstaat stemmt sich wacker gegen den Trend und produziert heuer die mit Abstand höchste Inflationsrate in der Eurozone. In Österreich sind die Preise in diesem Jahr um 1,5 Prozent gestiegen. Nun ist das für sich genommen noch keine hohe Inflationsrate. Man könnte sogar sagen, nur Österreich kommt zumindest in die Nähe des von der Europäischen Zentralbank ausgegebenen Inflationsziels von knapp bei, aber unter zwei Prozent.

Eine robuste Inflationsrate ist freilich nur dann erfreulich, wenn sie auf robustem Wachstum aufbaut. Aber dieses Wachstum fehlt in Österreich – wie wir inzwischen wissen. Nur 0,4 Prozent beträgt das Wachstum heuer laut Nationalbank (OeNB) – Österreichs Wirtschaft tritt also auf der Stelle. Woher kommt dann die hohe Inflationsrate, woher kommt der deutliche Abstand zum zweitplatzierten Luxemburg (1,0 Prozent) und dem Nachbarland Deutschland (0,9 Prozent)?

0,4 Prozentpunkte kommen dazu

Auch darauf hat die Nationalbank eine Antwort: 0,4 Prozentpunkte der Teuerung sind nämlich allein auf die stetige Erhöhung von Steuern und Gebühren in den vergangenen drei Jahren zurückzuführen. „Die wesentlichen Faktoren für den Inflationsbeitrag des öffentlichen Sektors sind steuerliche Maßnahmen und die Anhebung der Gebühren“, sagt Doris Ritzberger-Grünwald, die Chefökonomin der Nationalbank. Das gelte auch im direkten Vergleich mit den Nachbarn: „In Österreich wurden die administrierten Preise und die indirekten Steuern stärker erhöht als in Deutschland.“

Unter administrierte Preise fällt alles, was nicht vom Markt bestimmt, sondern von Beamten festgelegt wird. Etwa Müll-, Abwasser-, Studien- und Fernsehgebühren, Ticketpreise im öffentlichen Verkehr oder Eintrittspreise in Museen. Diese staatlich festgelegten Preise machen gemeinsam mit den ebenfalls steigenden Kosten für medizinische Services knapp ein Fünftel der Dienstleistungen aus, die im Warenkorb für die Inflationsberechnung berücksichtigt werden. Steigende Gebühren, Abgaben und Gesundheitskosten sind damit allein verantwortlich für 0,3 Prozentpunkte der heimischen Teuerung.

Wohlstand und Kaufkraft gefährdet

Indirekte Steuern sind wiederum alle Verbrauchssteuern, wie die zuletzt gleich mehrmals erhöhte Tabaksteuer, die Mineralölsteuer oder die ebenfalls gestiegene Normverbrauchsabgabe. Autofahrer werden von der Regierung überhaupt gern zur Kassa gebeten: Auch die motorbezogene Versicherungssteuer ist zuletzt gestiegen.

Damit nicht genug. Das Wifo beziffert den Anteil von kalter Progression und Steuerkeil (Anteil von Steuern und Abgaben an den Gesamtarbeitskosten) mit zusätzlich 0,4 Prozentpunkten – womit insgesamt mehr als die Hälfte der gesamten Teuerung dem Staat zu verdanken wäre.

Das Problem: Die hohe Inflationsrate frisst Wohlstand und Kaufkraft. Zwar ist der private Konsum noch immer hauptverantwortlich für die letzten Reste des Wachstums – aber sowohl Reallöhne als auch Sparquote sinken bzw. stagnieren seit Jahren. Den Österreichern geht langsam das Geld aus.

AUF EINEN BLICK

Österreich hat die höchste Inflationsrate in der Eurozone: Sie beträgt derzeit 1,5 Prozent. Ein großer Teil der Teuerung (0,4 Prozentpunkte) kommt aber nicht vom Markt, sondern vom Staat. Steigende Gebühren, Abgaben und Steuern verteuern das Leben rasch – und führen zu sinkenden Reallöhnen. Dadurch sinkt in der Folge auch die Sparquote.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2014)

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