Auf einem Teil des historischen Steinhof-Areals werden Wohnungen gebaut. Viele Bürger fühlen sich übergangen. Ungewiss ist die Zukunft des geschlossenen Jugendstiltheaters.
Wien. Ein kurzer Blick ins Archiv ist immer interessant. 2006 war die – damals rein rote – Stadtregierung stark daran interessiert, Teile des Areals des historischen Otto-Wagner-Spitals zu verwerten und dort Wohnungen zu errichten. Und es waren die Grünen, die massiv dagegen waren und der Stadt vorwarfen, „Verwertungsdruck auszuüben und wie ein Immobilienspekulant umzugehen“. Jetzt wird tatsächlich verwertet. Mit dem Segen der mittlerweile in der Regierung befindlichen Grünen. Vor Kurzem hat die Stadt die Pläne für das Areal publiziert und die besagen, dass mehrere Wohnblocks zwischen den Pavillons errichtet werden; insgesamt mehr als 200 Wohnungen.
Zwar ist die Stadt von den ursprünglich geplanten 600 Wohnungen abgegangen. Aber der Forderung einer Bürgerinitiative, gar nicht zu verbauen, wurde kein Gehör geschenkt. Dabei hatte diese rund 80.000 Unterstützungserklärungen gesammelt und auch die Oppositionsparteien FPÖ und ÖVP weitgehend hinter sich gehabt.
Was sind die Hauptkritikpunkte, und wie geht es weiter?
Vorgehensweise: Die Bürgerinitiative ist verärgert über die Vorgangsweise. Denn in der Vergangenheit hat es zwar eine Mediation zwischen Projektgegnern und Stadt gegeben. „Aber das war offenbar eine Beschwichtigungstour, die Bürger sollten offenbar nie wirklich eingebunden werden“, zeigt sich Gerhard Hadinger, ein Sprecher der Bürgerinitiative „Steinhof erhalten“ empört. „Die eben präsentierten Pläne sind ganz anders, als mit uns abgesprochen.“ Sie widersprächen dem Ergebnis der Mediation, auch wenn die Politiker jetzt anderes behaupteten.
Unesco-Kulturerbe: Die Verbauungsgegner forderten von der Stadtregierung, sich dafür einzusetzen, dass das Otto-Wagner-Spital und das Steinhofgelände von der Unesco den Status Weltkulturerbe bekommen. Es gab ein mehrmaliges Nein aus dem Rathaus. Die Chance auf das Prädikat „Kulturerbe“ ist nun endgültig dahin. Denn ein Otto-Wagner-Areal mit Wohnblöcken dazwischen dürfte der Unesco wohl kaum schützenswert erscheinen.
Nutzungskonzept: Positiv kann gesehen werden, dass die rot-grüne Politik sich dazu bekennt, dass zumindest der Westteil des Areals in Hinkunft durch eine neue Widmung geschützt und eine Bebauung zwischen den Pavillons nicht möglich sein wird. Nur: Den Anrainern fehlt der Glaube. Zwar soll die Wiener Stadtentwicklung GmbH (WSE) ein Nutzungskonzept erstellen. Sie hat dafür zwei Jahre Zeit, da könne sich noch viel ändern, der Druck von Investoren groß sein, befürchten Anrainer.
Steinhoftheater: Das Jugendstiltheater am Steinhof ist eines der zehn größten und auch schönsten Theater in Wien. Nur: 2009 wurde es geschlossen und heuer wurde das Theater saniert. Aber im Moment kann oder will niemand sagen, welche Zukunft dafür vorgesehen ist. Beim WSE wird betont, dass das Theater zwar Teil des zu erstellenden Nutzungskonzeptes sei, aber es gebe derzeit keine Festlegungen, was damit passiert. Das heißt, bis Ende 2016 steht es still. Dabei gibt es durchaus ernsthafte Interessenten, die dort Theater machen möchten und Konzepte dafür haben. Etwa die freien Theater. Das Interesse der Stadt ist gering.
Im September gab es Gerüchte, dass chinesische Investoren sich für das Theater interessierten. Doch die Zuständigen im Rathaus betonen, dass dies nichts mit einem Verkauf des Theaters zu tun habe. Genaueres wisse man aber auch selbst nicht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2014)