Eine klare Mehrheit der Wiener Unternehmer plädiert für eine Tourismuszone und Schanigärten auch im Winter.
Wien. Die größte Mitgliederbefragung in der Geschichte der Wirtschaftskammer Wien (WKW) ist abgeschlossen, am Dienstag wurden die Ergebnisse präsentiert. Und die Meinung der Wiener Unternehmer ist eindeutig.
Genau 72,6 Prozent stimmten für die Einrichtung einer Tourismuszone, in der (auf freiwilliger Basis) die Geschäfte auch an Sonntagen öffnen dürfen. Kammerpräsident Walter Ruck, der sich im Vorfeld für eine Tourismuszone ausgesprochen hatte, erklärte zufrieden: „Die Kammermitglieder haben ein deutliches Votum für mehr unternehmerische Freiheit abgegeben.“
Noch eindeutiger wurde von den 14.465 Unternehmern, die an der Befragung teilgenommen hatten (das sind nur rund 16 Prozent der stimmberechtigten Kammermitglieder), die zweite Frage beantwortet. 80,9 Prozent forderten, dass Schanigärten auch im Winter, also ganzjährig, aufgestellt werden dürfen. Die grüne Planungsstadträtin Maria Vassilakou sah sich dadurch am Dienstag bestätigt, nachdem sie bereits vor der Abstimmung für Schanigärten auch im Winter eingetreten war. Und bei der dritten Frage votierten 60,1 Prozent für eine zehnprozentige Beitragssenkung der Sozialversicherung für Selbstständige anstelle einer Streichung des Selbstbehaltes beim Arztbesuch.
Wie geht es weiter? Ruck will bei dem Hauptthema, also der Tourismuszone, nun das Gespräch mit der Gewerkschaft suchen. Diese hatte sich immer strikt gegen die Sonntagsöffnung ausgesprochen und zeigt sich weiter unbeeindruckt: „Das Ergebnis ist weder überraschend noch ändert es etwas an unserer Haltung zu Tourismuszonen in der Wiener Innenstadt“, erklärte Wolfgang Katzian, Vorsitzender der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA). Im Nachsatz deutet Katzian allerdings grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft an: „Für uns bleiben die Interessen der Handelsangestellten im Zentrum aller Verhandlungen.“
Allfällige Verhandlungen könnten bis zum Songcontest abgeschlossen sein, hofft Ruck, der optimistisch ist: Es gebe in Österreich hunderte Tourismuszonen, dort habe man sich mit der Gewerkschaft auch geeinigt. Mit der Wahlbeteiligung zeigte sich Ruck zufrieden: Sie liege im Bereich einer ähnlichen Befragung. Details, wie die Tourismuszone aussehen könnte, wurden am Dienstag nicht genannt. Klar ist, dass sie mindestens den ersten Bezirk erfasst.
Heftige Reaktionen
Rein rechtlich ist Bürgermeister Michael Häupl zuständig, der eine entsprechende Verordnung erlassen muss. Er wiederholte am Dienstag seine bekannte Position: keine Tourismuszone ohne Zustimmung der Gewerkschaft.
Die Abstimmung sorgte jedenfalls für zahlreiche Reaktionen. Christoph Leitl, Präsident der österreichischen Wirtschaftskammer, sprach von einem „wichtigen Richtungsweiser für die Politik“. Wiens VP-Chef Manfred Juraczka („Die Unternehmer stimmen für den Wirtschaftsstandort Wien“) und die Neos („Wir müssen endlich die unternehmerische Freiheit zur Ladenöffnung schaffen“) assistierten ebenso wie die Hoteliervereinigung („Die Stadtregierung soll sich nun der Realität stellen“).
Aber nicht nur die Gewerkschaft stellt sich gegen die Sonntagsöffnung. Der SPÖ-Wirtschaftsverband kritisierte die „fehlende demokratische Legitimität“ der „Trickbefragung“. Eine unbeteiligte Mehrheit hätte über eine direkt betroffene Minderheit abgestimmt. Die „Allianz für den freien Sonntag Österreich“ ergänzte: „Wir wissen von vielen Unternehmen, wie wichtig für sie ein wöchentlicher regelmäßiger Ruhetag ist.“ (stu)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2014)