Berufung: Muss Pistorius länger ins Gefängnis?

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Der südafrikanische Paralympics-Star Oscar Pistorius wurde im Oktober wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft geht jedoch von Mord aus und legte Berufung ein.

Pretoria/Wien. Monatelang fieberte man im südafrikanischen Pretoria, und mittels Liveübertragung weltweit, dem Ende des spektakulären Mordprozesses gegen Oscar Pistorius entgegen. Im Oktober dann der Höhepunkt: In einem letzten Akt wurde das Strafausmaß verkündet. Wegen fahrlässiger Tötung seiner Freundin Reeva Steenkamp im Februar 2013 wurde Pistorius zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Am Mittwoch, knapp zwei Monate später, fiel die Entscheidung, dass der Prozess gegen den mittlerweile 28-Jährigen noch einmal neu aufgerollt wird. Die Staatsanwaltschaft geht von Mord aus – sollte das Berufungsgericht den Vorfall als solchen einstufen, könnte das Strafmaß deutlich erhöht werden.

Der Sportler, der ohne Unterschenkel zur Welt kam und mit so etwas wie Federbeinen aus Metall läuft, erschoss Steenkamp in der Nacht auf den Valentinstag 2013 durch eine geschlossene Badezimmertür. Er hatte die Schüsse zwar nie bestritten, allerdings stets argumentiert, er habe sie für einen Einbrecher gehalten. Das Gericht glaubte ihm und wies das Argument der Anklage, dass das Paar zuvor gestritten hatte, von sich. Pistorius hatte das Urteil in erster Instanz akzeptiert. Nach dem gegenwärtigen Strafausmaß könnte der Sprintstar dennoch bereits nach wenigen Monaten aus dem Gefängnis entlassen werden und den Rest im Hausarrest verbüßen.

„Schockierend unangemessen“

Die Mordanklage ließ Richterin Thokozile Masipa bereits Mitte September fallen. Dies stieß bei vielen Juristen, in den Medien und in der Bevölkerung auf Unverständnis. So auch bei der Anklage: Staatsanwalt Gerrie Nel hat etwa bei einer Anhörung am Dienstag gesagt, das bisherige Strafmaß sei „auf schockierende Weise“ unangemessen und zu milde. Pistorius habe seiner Ansicht nach genau gewusst, was er tat, als er mehrfach durch die Badezimmertür schoss. Deswegen müsse er wegen Mordes verurteilt werden. Auf Mord stehen in Südafrika mindestens 15 und höchstens 25 Jahre Gefängnis.

Oscar Pistorius war am Mittwoch nicht zu dem Gerichtstermin erschienen, auch seine Verteidiger äußerten sich nicht. Der Anwalt der Eltern des Opfers sagte, diese wollten mit dem juristischen Verfahren nichts mehr zu tun haben: „Sie wollen ihr Leben weiterleben, so einfach ist das.“ Mehrere Richter müssen nun den Fall prüfen, was mehrere Monate dauern kann. Es werde auch öffentliche Anhörungen geben, jedoch ohne die Vorladung von Zeugen. Wo Pistorius in der Zwischenzeit bleibt, ist unklar. Sollte es zu einer Berufung kommen, könnte die Verteidigung für die Dauer des Prozesses eine Freilassung auf Kaution beantragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2014)

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