Andri Joël Harison: „Irgendwann ganz oben stehen“

(c) Stanislav Jenis
  • Drucken

Andri Joël Harison gewann acht Mal bei „Prima la Musica“. Jetzt hat der 19-jährige Wiener mit Wurzeln in Madagaskar seine erste CD aufgenommen.

Eigentlich hat Andri Joël Harison ja gerade mit dem Studium begonnen, und eigentlich sagt auch der Vater, dass die Dinge ihre Zeit brauchen. Warum also schon jetzt eine CD? „Weil man eine Referenz braucht“, sagt der Vater, „wie ein Wissenschaftler eine Publikation“.

Und weil der Vater, Marie Aimé Joël Harison, ohnehin gern spricht, beginnt man Andris Geschichte vielleicht am besten über die Familie zu erzählen. Die stammt aus Madagaskar und ist eine kleine Dynastie von Musikern. Andris Urgroßvater komponierte Kirchenmusik, sein Großvater war Organist und Lehrer. Der Vater schließlich wurde von einem europäischen Musikwissenschafter entdeckt, als er als Organist in Madagaskars größter Kirche spielte. „Er hat mich irgendwann gefragt, ob es mich interessieren würde, in Wien Musik zu studieren“, berichtet der zierliche Mann in brauner Hose und orangem Pullover. Er studierte Musik, außerdem noch Politik und arbeitet heute als Lektor am Institut für Politikwissenschaft.

Auch sein Sohn Andri spricht „einigermaßen gut madagassisch“. Geerbt hat er vor allem eine Musikbegabung, die sich zu einem Talent entwickelte, das seinen Vater bis heute staunen lässt. Mit 13 Monaten habe er, auf dem Schoß der Mutter sitzend, begonnen, auf dem Keyboard Kinderlieder nachzuspielen und Melodien, die er im Fernsehen gehört hat: „Pinocchio, oder Tom und Jerry.“ Vom Vater nicht approbiert: „Das Keyboard war neu und teuer. Ich hatte eigentlich gesagt, darauf darf niemand spielen.“ Ein frühes Schlüsselerlebnis spielt zu Weihnachten. Da sei er in die Kirche gekommen, und er habe nicht gewusst, wer da auf dem Keyboard spielt, erzählt der Vater. Es war das eigene, zweieinhalbjährige Kleinkind mit „Stille Nacht“.

Jahrelang nur nach Gehör

Bis er zehn war, konnte Andri dabei gar nicht Noten lesen, spielte nur über sein ausgeprägtes Gehör. Erst für die erste Schularbeit im Musikgymnasium musste er es lernen. Mit zehn bekam er auch zum ersten Mal klassischen Klavierunterricht, spielte weiter mit und ohne Noten. Ohne etwa eine Bach-Toccata für Orgel am Klavier. „Das spielen andere für die Diplomprüfung“, sagt Vater Marie Aimé.

2011 formte der heute 19-Jährige aus Mitschülern ein Orchester und dirigierte sie zu einem selbst komponierten Stück. Und ja, auch Bands habe er als Teenager gehabt, dabei Klavier gespielt, gesungen und arrangiert. Acht Mal gewann er quasi im Jahrestakt beim Jugendwettbewerb Prima La Musica. Irgendwann entstand so der Titel „Wunderkind aus Simmering“, den der Vater durchaus gern zitiert. Andri trägt es gelassen. „Das macht für mich keinen Unterschied.“ Inzwischen wohnt die Familie ohnehin in Donaustadt. „Aber so gesehen bleiben wir Simmeringer.“ Anderen Vergleichen verwehrt sich Vater Marie Aimé Joël Harison. „Er ist nicht der David Alaba der Musik und auch kein Lang Lang. Wir haben unseren eigenen Namen.“

Seit diesem Herbst studiert Andri an der Musikuniversität Dirigieren, „weil es all die Dinge, die mich interessieren, kombiniert“. Seine CD „Antologia“ versteht sich als ein „Audio-Lebenslauf“: „Sie zeigt all das, was ich kann.“ Er hat dafür Stücke aus verschiedenen Epochen ausgewählt, Gershwin, Mozart und Beethoven, Chopin und Kapustin, und auch eine moderne Band. Welche (und da ist sich Andri Harison mit seinem Vater dezidiert nicht einig), soll man nicht verraten. „Sonst ist es ja nicht spannend.“

Was ihm Musik bedeutet? Andri lacht über die Frage, die so schwer zu beantworten ist – oder auch wieder nicht. „Musik bedeutet für mich alles. Es ist einfach das“, sagt er. „Es kommt von selbst, ich habe nie das Gefühl, ich muss. Oder es ist doch ein Müssen, ein Zwang: Ich muss, weil es das ist, was ich am liebsten mache.“ Das jetzt, sagt sein Vater, sei erst der Anfang. Der Traum? „Irgendwann ganz oben stehen“, sagt Andri. „Sodass der Name schon Musik aussagt.“

Zur Person

Andri Joël Harison wurde 1995 in Wien geboren und begann schon als Kleinkind, Melodien, auf dem Keyboard nachzuspielen. Zur Erstkommunion mit sieben Jahren spielte er die „Toccata“ und Fuge d-Moll BWV 565 von Johann Sebastian Bach, mit neun begann er auch zu singen. Mit zehn bekam er erstmals Musikunterricht. Seither gewann er achtmal beim Jugendmusikwettbewerb Prima la Musica. Seit Herbst studiert er Dirigieren. Gestern Abend wurde seine erste CD präsentiert: Auf „Antologia“ spielt er Stücke von Mozart bis Gershwin und singt auch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.