CIA-Report: Ex-Vizepräsident poltert gegen US-Folterbericht

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Dick Cheney sieht einen schwere Fehler im Senatsbericht. Polen verteidigt die Zusammenarbeit mit der CIA.

Washington/Warschau/Wien. Er war zu seiner Zeit als US-Vizepräsident gefürchtet für seine Wutausbrüche. Nun hat Dick Cheney bewiesen, dass er noch immer weiß, wie man mit deftigen Worten gegen Widersacher vom Leder zieht: Der US-Senatsbericht über die Foltermethoden der CIA sei nicht nur „schwer fehlerhaft“, sondern „voller Scheiße“, fluchte der frühere Vizepräsident im Interview mit dem TV-Sender Fox News. „Wir taten damals exakt das, was notwendig war, um die Schuldigen für 9/11 zu schnappen und einen weiteren Anschlag zu verhindern. Und wir waren erfolgreich“, sagte Cheney, der damals an der Seite von US-Präsident George W. Bush federführend im sogenannten Krieg gegen den Terror der USA war.

In dem am Dienstag veröffentlichten US-Senatsbericht heißt es hingegen, dass durch die Misshandlung gefangener Terrorverdächtiger keine wirklich relevanten Informationen herausgepresst worden seien. Viele der Verhörten hätten lediglich irgendetwas erfunden, nur damit die Folter beendet wird.

Debatte im Europaparlament

Abgesehen von schauerlichen Details über Misshandlungen geht der Bericht auch auf die Verschleppung Verdächtiger in Geheimgefängnisse in europäische Staaten ein. Im US-Senatsbericht wird ein Land X erwähnt, das Polen sein dürfte. Was die mutmaßliche Beteiligung osteuropäischer EU-Mitglieder an dem CIA-Verhörprogramm anbelangt, sind die europäischen Institutionen über eine Reaktion uneins. Im Europaparlament wird die Causa am kommenden Mittwoch während der Plenarsitzung in Straßburg debattiert – der entsprechende Antrag wurde von der liberalen Fraktion eingebracht. Es sei höchst an der Zeit, die Rolle einzelner Mitgliedstaaten im Folterprogramm der CIA zu untersuchen, sagte die liberale schwedische Europaabgeordnete Cecilia Wikström.

Im Auswärtigen Dienst der EU will man die Angelegenheit hingegen nicht an die große Glocke hängen. In dem Bericht des US-Senats seien keine europäischen Länder konkret genannt worden, hieß es am Mittwoch. Eine Sprecherin der Außenbeauftragten Federica Mogherini wollte sich auch nicht zu früheren Anschuldigungen gegen Polen und Rumänien äußern – der Europarat hatte Warschau und Bukarest 2007 vorgeworfen, zwischen 2003 und 2005 CIA-Geheimgefängnisse geduldet zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war Rumänien allerdings noch nicht der EU beigetreten – Polen ist seit Mai 2004 EU-Mitglied. Insofern ist nicht klar, ob die EU-Kommission diesbezüglich überhaupt Handlungsbedarf sieht. Das Kabinett der EU-Justizkommissarin Věra Jourová wollte die Angelegenheit auf Anfrage der „Presse“ jedenfalls nicht kommentieren.

Kwasniewskis indirektes Eingeständnis

In ersten Reaktionen auf den Senatsbericht haben die meisten polnischen Spitzenpolitiker Warschaus Zusammenarbeit mit der CIA gerechtfertigt. Man müsse sich die Stimmung nach den Anschlägen vom 11. September 2001 vor Augen führen, sagte Aleksander Kwasniewski, der von 1996 bis 2005 Präsident war. Die Nato habe nach 9/11 beschlossen, dass ihre Mitglieder dem angegriffenen Partner USA gemäß Artikel 5 des Nato-Vertrags beistehen sollten. Polen habe dies ernst genommen, sagte Kwasniewski und gab damit Warschaus Zustimmung zur Errichtung von geheimen CIA-Gefängnissen in Masuren indirekt zu.

Ein offizielles Eingeständnis Polens gibt es aber bis heute nicht. Noch immer ermittelt Polens Generalstaatsanwaltschaft in der Angelegenheit.
„Es gab eine Zusammenarbeit der Geheimdienste, aber keine Zustimmung zu Folter“, berichtete Kwasniewski. Warschau habe nach einiger Zeit Verdacht geschöpft, weil die Amerikaner so geheimniskrämerisch gewesen seien. Er habe deshalb 2003 Präsident Bush gebeten, keine CIA-Gefangenen in Polen foltern zu lassen, so Kwasniewski. Und das habe gewirkt. (red., flü, la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2014)

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