U-Haft? „Das Protokoll ist unrichtig“

NATIONALRAT: PILZ
NATIONALRAT: PILZ(c) APA/ROBERT JAEGER
  • Drucken

Die Staatsanwaltschaft wollte Meinl-Chef Weinzierl verhaften, das Ministerium nicht. Der Sektionschef glaubte an einen Konsens. Die Grünen wittern versteckte Weisung.

Wien. „Das mündlich erörterte Vorhaben der Staatsanwaltschaft Wien [...] wird seitens der Oberstaatsanwaltschaft Wien und des Bundesministeriums für Justiz nicht zur Kenntnis genommen.“ Es ist dieser Satz in einer Niederschrift der Wiener Staatsanwaltschaft aus dem Oktober, der für Aufregung sorgt. Denn dahinter steht die Entscheidung des Justizministeriums, dass Peter Weinzierl, Vorstand der Meinl-Bank, nicht in Untersuchungshaft muss. Obwohl die Staatsanwaltschaft das wollte. Laut der Zeitschrift „Falter“ war es bereits das zweite Mal, dass das Vorhaben nach einer Dienstbesprechung vom Justizministerium gekippt wurde.

Eine Begründung dafür ist in der Niederschrift des Treffens von Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwaltschaft und Justizministerium nicht angeführt. Grün-Mandatar Peter Pilz ortet eine „versteckte Weisung“, wie er am Freitag erklärte. Der Fall zeige, dass Mächtige von der Justiz geschützt werden. Durch eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter will Pilz nun in Erfahrung bringen, ob so etwas öfter vorkomme. Und ob der Minister die Fäden zog oder der Sektionschef der Strafrechtssektion im Ministerium, Christian Pilnacek. Er nahm an der Besprechung teil.

Streitpunkt Fluchtgefahr

„Ich handle nie eigenmächtig“, sagt Pilnacek dazu im Gespräch mit der „Presse“. Das Justizministerium sei zudem aus rein juristischen Gründen gegen die Verhaftung Weinzierls gewesen, wie übrigens die Oberstaatsanwaltschaft auch. Denn ein Auslandswohnsitz allein reiche nicht für eine Fluchtgefahr. Er sei zudem eigentlich davon ausgegangen, dass die Staatsanwaltschaft Wien sich im Zuge der Besprechung dann auch dieser Ansicht angeschlossen habe.

Der Wortlaut der Niederschrift überrascht Pilnacek. „Das Protokoll ist unrichtig“, betont er. Und wenn die Staatsanwaltschaft tatsächlich einen Widerspruch in den Meinungen gesehen habe, dann hätte sie doch auch hineinschreiben müssen, aus welchen Gründen das Ministerium gegen die U-Haft war.

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien wollte die Causa inhaltlich nicht weiter kommentieren. Für Pilz scheint hingegen klar, dass das Ministerium mit informellen Signalen steuere, dass das Gewünschte rauskommt. Ohne dass es per Weisung sichtbar festgehalten werde. Es gebe eine „Drei-Klassen-Justiz“, so Pilz. Den „Großen“ passiere fast nichts, die „Unsrigen“ (Polizei- und Justizbeamte) dürften alles und die „Kleinen“ würden schnell in U-Haft landen. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser nimmt den aktuellen Fall zum Anlass, um erneut einen Bundesstaatsanwalt statt den Justizminister an der Weisungsspitze zu fordern.

Ein Insider aus Wiens Staatsanwaltschaft hält die jetzige Aufregung aber für überzogen. Es habe sich vor allem um ein Kommunikationsproblem zwischen Ministerium und Staatsanwaltschaft gehandelt, sagt er zur „Presse“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.