Milchskandal. Der Leiter der Lebensmittelaufsicht ist sich keiner Schuld bewusst. Landeshauptmann Kaiser will eine bessere Alarmkette.
Klagenfurt/Wien. Nachdem mittlerweile bekannt ist, dass Reste des Umweltgifts Hexachlorbenzol (HCB) nicht erst vor zwei Wochen, sondern schon vor Monaten in Lebensmitteln gefunden worden sind, soll die Untersuchungskette verbessert werden. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sagte am Freitag, er habe angeordnet, dass bei künftigen Messungen bessere, klarere und schnellere Informationen auch an die politisch Verantwortlichen weitergeleitet werden. Man sei aus dem Skandal „klüger geworden“. Alfred Dutzler von der Kärntner Lebensmittelaufsicht stand auch am Freitag dazu, die HCB-Grenzwertüberschreitungen bei Rohmilch aus dem Görtschitztal im März nicht publik gemacht zu haben. Er bestätigte seine im ORF gemachten Aussagen, wonach es sich um „Privatproben“ der betroffenen Sonnenalm-Molkerei gehandelt habe. Mit einer Veröffentlichung hätte er gegen das Amtsgeheimnis verstoßen.
Die Molkerei hätte damals die weitere Annahme von Milch der beiden betroffenen Lieferanten verweigert. „Damit wurde ausgeschlossen, dass solche Milch in dem Betrieb verarbeitet wird. Wenn er das nicht gemacht hätte, hätten wir eingreifen müssen“, sagte Dutzler. Die Frage, wie sichergestellt worden sei, dass die beiden Bauern die belastete Milch nicht anderweitig in Umlauf bringen, wollte er nicht beantworten und verwies auf Landesveterinär Holger Remer.
Remer hatte aber bereits bestritten, dass es im Frühjahr Grenzwertüberschreitungen gegeben hätte, es habe sich nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um „kundenspezifische“ gehalten. Mit diesen Aussagen Remers konfrontiert, sagte Dutzler nun: „Ich habe einen U-Ausschuss vor mir. Wenn ich auf diese Fragen antworte, belaste ich mich selbst.“ Gegenüber dem ORF sagte Dutzler am Freitag: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“
Eindeutige Überschreitungen
Zur Zusammenarbeit mit der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sagte Dutzler, dass er nie informiert worden sei, weder über die Grenzwertüberschreitungen bei der Rohmilch im März noch über HCB-Belastung in Kärntner Kalbfleisch vor einem Jahr. Die AGES in Wien habe die Probenergebnisse der AGES Innsbruck lediglich an die Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Kärnten weitergeleitet. Dutzler sei von der Sonnenalm-Molkerei informiert worden.
Insgesamt wurden Ende März heurigen Jahres 15 Rohmilchproben gezogen, in zwei Fällen gab es eindeutige Grenzwertüberschreitungen, eine Probe war grenzwertig. Lediglich in drei Proben wurde überhaupt kein HCB gefunden. (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2014)