Laut Kärntner Landesregierung »garantiert keine Gesundheitsgefährdung« durch Umweltgift Hexachlorbenzol. Was niemand sagt: Das gilt nicht für chronische Belastungen und mögliche Krebsrisiken.
Die Freisetzung des Umweltgifts Hexachlorbenzol (HCB) verunsichert seit Wochen die Bevölkerung im Kärntner Görtschitztal. Dieser Verunsicherung treten die Landesregierung und von ihr beauftragte Experten nun entgegen. Einige Details werden dadurch transparent, manche Worte klingen jedoch wie Beschwichtigungen.
So könne der vom Land eingesetzte Umweltmediziner „garantieren“, dass keine durch HCB verursachte Gesundheitsbelastung bestehe. Zum gleichen Schluss kommt auch eine Risikobewertung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages), die auf der Homepage der bundeseigenen Gesellschaft abrufbar ist.
In eben dieser Risikobewertung steht allerdings im Kleingedruckten auch, dass die analysierten Werte „nicht die Krebs erzeugende Wirkung eines Stoffes“ berücksichtigen. Genau dieses Detail scheint die Wohnbevölkerung der Region jedoch besonders zu interessieren.
Informationen dazu gibt es in den sogenannten Environmental Health Criteria (EHC) der Weltgesundheitsorganisation. Um eine Krebs erzeugende Wirkung auszuschließen, werden dort Tagesdosen von höchstens 0,17 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Das entspricht bei einem 70kg schweren Menschen 0,0119 Milligramm.
Hohe Werte. Isst diese Person ein 250Gramm schweres Rindersteak aus jener Probe, die den bisher höchsten HCB-Gehalt bei Rindern aufwies (0,625 mg/kg), käme dies einer 13-fachen Überschreitung der empfohlenen Tageshöchstdosis gleich. Der Konsum eines Liters hoch belasteter Milch (gemessen wurden 0,0668 mg/kg) entspräche immer noch dem Fünfeinhalbfachen der empfohlenen Tageshöchstdosis. Bei Kindern, die deutlich leichter sind, würden schon viel kleinere Mahlzeiten zu massiven Dosisüberschreitungen führen. Was bedeutet das nun?
Das Land Kärnten und die Ages gehen in ihren Berechnungen vor allem von kurzfristigen Belastungen mit HCB aus und sagen, dass bei allen Grenzwerten „Sicherheitsfaktoren“ berücksichtigt seien.
Was derzeit kaum berücksichtigt wird: Niemand weiß, wie lang und in welcher Konzentration das HCB schon in der Region ist. Die Behörden nennen stets das Frühjahr 2014. Damals wurden erstmals Grenzwertüberschreitungen gemessen. „Die Presse am Sonntag“ berichtete jedoch schon vergangene Woche darüber, dass diese Überschreitungen in der Milch durch kontaminiertes Tierfutter aus der Region verursacht wurden, das bereits im Jahr 2013 in die Silos eingebracht wurde. Der kontaminierte Blaukalk wird im Zementwerk Wietersdorf überhaupt schon seit 2012 verarbeitet, die Problemdeponie selbst ging 1926 in Betrieb. Verantwortlich dafür war das heute noch bestehende Werk der Donau Chemie.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2014)