Papst Benedikt XVI. wirbt in Afrika um Gläubige

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Seine erste Reise zum Schwarzen Kontinent führt den Papst in die frühere deutsche Kolonie Kamerun und nach Angola. Sein Vorgänger Johannes Paul II. war 16 Mal in Afrika.

Als Papst Benedikt XVI. am Dienstagnachmittag zu seiner ersten Afrikareise aufbrach, betrat er Terra incognita: Nur Kinshasa, Hauptstadt der heutigen Demokratischen Republik Kongo, hatte Joseph Ratzinger als Chef der Glaubenskongregation bereits besucht; das war 1987.

Sein Vorgänger Johannes Paul II. war 16 Mal in Afrika. Seine erste Tour dorthin im Mai 1980, gut eineinhalb Jahre nach Beginn seines Pontifikats, führte ihn gleich in sechs Länder: Zaire, Kenia, Ghana, Burkina Faso, die Republik Kongo und die Elfenbeinküste. Der deutsche Papst, weit weniger reisefreudig, ließ sich indes Zeit mit Afrika. Und die zwei Ziele seiner einwöchigen Reise sind mit Bedacht gewählt: Erst Kamerun auf der Nordhalbkugel, 1884–1916 deutsche Kolonie, dann von Briten und Franzosen erobert; danach Angola, das 1576 bis 1975 zum Weltreich Portugals gehörte und auf der südlichen Halbkugel liegt.

So verschieden die beiden Länder sind, so verbindet sie doch viel: Hunger, Armut, Unterentwicklung, Korruption, hohe Aids-Raten, Analphabetismus – kurz: alle „afrikanischen Krankheiten“ sind in beiden Staaten endemisch.

Öl und Diamanten

Während Kamerun als politisch relativ stabil gilt, hat Angola einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg hinter sich. Das Land, das heuer den 500. Jahrestag der christlichen Mission feiert, ist noch gezeichnet von der blutigen Geschichte, und der Reichtum an Öl und Diamanten kommt nur einer Elite zugute.

In beiden Ländern erwartet den Papst ein straffes Programm, neben Treffen mit den Präsidenten und Bischöfen aus ganz Afrika stehen Messen und Begegnungen mit Gläubigen im Mittelpunkt. Hunderttausende werden zu einem Gottesdienst in der angolanischen Hauptstadt Luanda erwartet – ein sicherheitstechnischer Alptraum.

Mit seinem Besuch will Benedikt XVI. Frieden und Versöhnung voranbringen, wie er am Sonntag bei der Messe auf dem Petersplatz in Rom sagte. Zwar verfolge die Kirche keine direkten politischen oder wirtschaftlichen Ziele. „Das Evangelium kann aber die Herzen öffnen und persönliche und soziale Veränderung mit sich bringen“, so Benedikt. Mit der Reise, so hatte zuvor der Sprecher des Vatikans, Pater Federico Lombardi, erklärt, wolle der Papst „die Aufmerksamkeit der gesamten Kirche auf Afrika lenken“. Auch die diesjährige Synode in Rom im Oktober wird sich mit Afrika beschäftigen.

„Missionarische Reise“

Das tut die Kirche nicht ohne Grund: Nirgends steigt die Zahl der Katholiken so stark wie südlich der Sahara. In Angola ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung katholisch, in Kamerun ein Viertel. Vor 30 Jahren gab es 55 Millionen Katholiken in Afrika, heute mehr als 160 Millionen. In „Staaten der Hoffnungslosigkeit“ wie Nigeria und Kongo werden mehr Kinder katholisch getauft als in Frankreich oder Italien. Zwar leben ein Viertel aller Katholiken in Europa und nur 17 Prozent in Afrika. In 20Jahren aber dürfte Afrika Europa zumindest hier überholt haben. Benedikt sprach jedenfalls von einer „missionarischen Reise“.

Auch um den Nachwuchs muss sich die Kirche dort weniger sorgen; zudem wächst der Einfluss schwarzer Bischöfe im Vatikan. Pius XII. hatte 1939 die ersten afrikanischen Bischöfe geweiht und ermutigt, ein „afrikanisches Christentum“ zu verkörpern. Beim Konklave zur Papstwahl vor drei Jahren waren elf Afrikaner. Benedikt hatte als Kardinal angedeutet, dass ein Afrikaner Papst werden könnte.

Gleichzeitig muss die Kirche zur Kenntnis nehmen, dass in vielen Teilen Afrikas ihre Lehre ungeniert mit Elementen von Naturreligionen vermischt wird. Auch boomen evangelische Pfingstkirchen, die als „Kirchen der kleinen Leute“ sehr populär sind. In Staaten der Sahelzone wieder wird der Islam zunehmend rigid ausgelegt, die christlichen Minderheiten geraten dort immer mehr unter Druck.

„Sprengstoff“ Kondomverbot

Einigen Sprengstoff birgt auch das kirchliche Kondomverbot aus den 60er-Jahren, an dem Rom trotz der dramatischen Zahl von Aids-Erkrankungen in vielen Ländern Afrikas immer noch festhält.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2009)

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