HCB: Stopp für Blaukalk

K�RNTEN: HCB-BELASTUNG / INFORMATIONSVERANSTALTUNG DES LANDES
K�RNTEN: HCB-BELASTUNG / INFORMATIONSVERANSTALTUNG DES LANDES(c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
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Das Zementwerk im Görtschitztal darf keinen Blaukalk mehr verarbeiten. Für Geschädigte wurde ein Hilfsfonds eingerichtet.

Klagenfurt/Wien.„Blaukalk wird im Görtschitztal nur noch über meine Leiche verbrannt“: Rolf Holub, grüner Landesrat und Umweltreferent, formulierte am Dienstag in der Sitzung der Kärntner Landesregierung drastisch. Per Bescheid entzog diese den Wietersdorfer Zementwerken die Genehmigung für die Verarbeitung von belastetem Blaukalk.

Ob der Entzug der Genehmigung für Blaukalk halten wird, ist allerdings fraglich. Holub rechnet damit, dass das Unternehmen gegen den Bescheid berufen wird – die Berufung habe aber keine aufschiebende Wirkung. Das Blaukalk-Verbot war aber nur eine der Maßnahmen, die am Dienstag beschlossen wurden: Gegen die Stimmen von FPÖ und Team Stronach wurde eine Resolution an die Bundesregierung verabschiedet, in der stärkere behördliche Kontrollen und strengere Grenzwerte gefordert werden – und zwar nicht nur in Bezug auf Hexachlorbenzol (HCB).

Weiters besiegelte man – diesmal einstimmig – den bereits angekündigten Überbrückungsfonds für die von HCB betroffene Bevölkerung. Dotiert wurde er vorläufig mit einer Million Euro. Das Geld kommt aus Kreditresten und -übertragungen, prozentuell haben sich alle Referate in gleichem Ausmaß beteiligt. Damit will man sicherstellen, dass „nicht für jede Hilfsmaßnahme ein Regierungsbeschluss gefasst werden muss“. Die Landesamtsdirektion wurde zudem damit beauftragt, eine rechtliche Bewertung der Situation durchzuführen. Darin soll abgeklärt werden, welche Rechtsfolgen entstehen können oder wie mögliche Regressforderungen sicherzustellen sind.

Parallel zur Regierungssitzung fand im Kärntner Landtag am Dienstag auch die erste nicht öffentliche Sitzung des HCB-Untersuchungsausschusses statt. Die Abgeordneten einigten sich auf den früheren Leitenden Staatsanwalt Dietmar Pacheiner als unabhängigen Rechtsbeistand. Es ist bereits der dritte Kärntner U-Ausschuss, den Pacheiner juristisch berät. Bereits am Freitag treffen sich die Abgeordneten wieder, um die Beweismittelanträge zu beschließen. Ende Jänner wird dann die erste öffentliche U-Ausschusssitzung abgehalten. Die Beteiligten sprachen von einer konstruktiven Stimmung im Ausschuss, allerdings gibt es auch grüne Kritik an den früheren Umweltlandesräten der SPÖ: Die Genehmigung für die Verwertung des Kalks sei im Eilverfahren erfolgt, es habe zu wenige Auflagen und keine Bürgerbeteiligung gegeben.

Schulkind mit HCB belastet?

Bekannt wurde am Dienstag auch, dass ein Schulkind aus Klagenfurt mit HCB belastet sein soll. Das berichtete die „Kleine Zeitung“. Demnach ließen die Eltern eine Blutprobe ihrer Tochter von einem Labor im deutschen Bremen untersuchen. Dabei wurden 0,41 Mikrogramm HCB je Liter gefunden. Der Referenzwert für Neun- bis Elfjährige beträgt laut dem Labor 0,3 Mikrogramm. Der Gesundheitsmedizinerin des Landes Kärnten, Barbara Kohlweg, zufolge lässt der Messwert allein aber keine Risikoeinschätzung zu. Man müsse die Blutfettwerte und einige weitere Parameter kennen. Auch kenne sie das Labor nicht. Auffallend ist laut Austria Presse Agentur aber der niedrige Preis der Untersuchung. Demnach soll die Blutanalyse inklusive Versand nur 70 Euro gekostet haben. Hierzulande werden für eine Blutuntersuchung, wie sie den Menschen im Görtschitztal angeboten wird, etwa 450 Euro veranschlagt.

Kritik kommt indessen von Global 2000 und Greenpeace an der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages). Diese erwartet ja keine nachhaltige Gesundheitsgefährdung im Görtschitztal. Die Umweltorganisationen werfen ihr Mängel bei der HCB-Risikoabschätzung vor: Die Ages-Bewertung sei fehlerhaft und verstoße in Methodik und Interpretation der Ergebnisse gegen die in der EU üblichen Standards. (APA/red.)

AUF EINEN BLICK

Blaukalk. Die Kärntner Landesregierung hat den Wietersdorfer Zementwerken die Genehmigung für die Verarbeitung von mit dem Umweltgift HCB verseuchten Blaukalk entzogen. Blaukalk wird im Rahmen der Zementgewinnung bei hohen Temperaturen verbrannt – die Zementwerke werden für die Entsorgung des Stoffs bezahlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2014)

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