Die Entscheidung wurde aus "Verfahrensgründen" getroffen, die Gelder von radikalen Islamisten bleiben eingefroren. Das EU-Parlament stimmt heute über eine symbolische Anerkennung Palästinas ab.
Just an dem Tag, an dem das EU-Parlament über eine symbolische Anerkennung Palästinas abstimmt, hat der Europäische Gerichtshof die EU angewiesen, die Palästinenserorganisation Hamas von ihrer Liste mit terroristischen Organisationen zu nehmen: Die Entscheidung sei aus "Verfahrensgründen" getroffen worden, teilte der Gerichtshof am Mittwoch in Luxemburg mit.
Der EuGH stellte in der Begründung fest, dass die Nennung der Hamas auf der Terrorliste nicht auf Tatsachen gestützt sei, sondern auf Zurechnung von Fakten beruhe, die der Presse und dem Internet entnommen seien. Allerdings bleiben die gegen die Hamas verhängten Strafmaßnahmen vorerst in Kraft, um "die Wirksamkeit etwaiger künftiger Maßnahmen" zu gewährleisten.
Der militärische Arm der Hamas steht seit 2001 auf der EU-Terrorliste, seit 2003 auch der politische Teil der Organisation. Die Islamisten hatten gegen das Urteil geklagt. Dadurch wurden Gelder der Organisation und ihrer Mitglieder in Europa eingefroren.
Israels Premier empört
Das Gericht betonte, seine Entscheidung lasse die Frage unberührt, ob die Hamas tatsächlich eine terroristische Organisation sei. Die Strafmaßnahmen gegen die Hamas werden dem Urteil zufolge nun noch für mindestens drei Monate aufrechterhalten oder im Falle einer Berufung, bis dieses Verfahren entschieden sei.
Eine Sprecherin der Kommission beeilte sich zu erklären: "Die EU betrachtet Hamas weiter als Terrororganisation." Man respektiere das Urteil selbstverständlich, so die Sprecherin in Brüssel. Dieses sei allerdings aus formalen, also "Verfahrensgründen" getroffen worden: "Da war keine politische Entscheidung."
Die Hamas wurde kurz nach Beginn der ersten Intifada im Dezember 1987 gegründet. Der Name ist die Abkürzung der arabischen Bezeichnung für "Islamische Widerstandsbewegung", das Wort selbst bedeutet "Eifer". Programmatisches Ziel ist die Zerstörung Israels und die Errichtung eines islamischen Staates Palästina von der Mittelmeerküste bis zum Jordanfluss. Nach Kämpfen mit der Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas übernahm die Hamas im Sommer 2007 die Kontrolle im Gazastreifen. Auch nach einer Aussöhnung mit der Fatah übt sie dort de facto weiter die militärische Kontrolle aus.
Israels Premier Benjamin Netanyahu reagierte empört: Er forderte die EU auf, die Hamas auf der Terrorliste zu behalten. "Wir erwarten, dass sie umgehend wieder auf die Liste gesetzt werden. Hamas ist eine mörderische Organisation, deren Ziel es ist, Israel zu zerstören."
Votum über Palästinenserstaat
Seine Regierung wirf der EU vor, zu Israel-kritisch zu sein. Für weitere Irritationen in Jerusalem dürfte das Votum im EU-Parlament sorgen: Am Mittwoch wurde ein Entschließungsantrag zur Anerkennung des Staats Palästina beschlossen. Das Votum est symbolisch - ob Palästina anerkannt wird oder nicht, ist und bleibt Sache der Regierungen.
In der heftig umstrittenen Palästina-Debatte könnte ein Kompromiss mehrheitsfähig sein: Eine Anerkennung soll von Fortschritten bei Friedensverhandlungen abhängig gemacht werden, heißt es in einem Entwurf. Den Abgeordneten ist es wichtig, für dieses heikle Thema eine möglichst breite Mehrheit zu finden.
Zur Zeit ist die Lage zwischen Israelis und Palästinensern sehr angespannt. Friedensverhandlungen scheinen in weite Ferne gerückt zu sein.
(APA, red. )