USA: Nordkorea steckt "zu 99 Prozent" hinter Hackerangriff

Szenenbild aus ''The Interview''
Szenenbild aus ''The Interview''(c) Sony Pictures
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Den Angriff auf das Filmstudio Sony Pictures dürfte die Regierung in Pjöngjang beauftragt haben. Sony sagt den Kinostart nach Terror-Drohungen ab. Eine offizielle Stellungnahme wird erwartet.

Nach Terror-Drohungen gegen Vorführungen des umstrittenen Films "The Interview" hat das Filmstudio Sony Pictures den Kinostart abgesagt. "Angesichts der Entscheidung einer Mehrheit unserer Kinobetreiber, den Film "The Interview" nicht zu zeigen, haben wir beschlossen, den für den 25. Dezember geplanten Kinostart abzusagen", zitierten US-Medien am Mittwochabend aus einer Mitteilung des Filmstudios.

US-Präsident Barack Obama empfahl den Amerikanern, trotz aller Drohungen "ohne Angst ins Kino" zu gehen. Vorerst seien die Drohungen nicht glaubwürdig, deutete er in einem Interview von "ABC News" an. "Wir bleiben wachsam, und wenn wir etwas sehen, das bedrohlich und glaubwürdig aussieht, werden wir die Öffentlichkeit warnen", sagte er.

Keine Form der Veröffentlichung

"Wir respektieren und verstehen die Entscheidung unserer Partner und teilen natürlich auch ihr vorrangiges Interesse an der Sicherheit ihrer Angestellten und Kinobesucher", begründete Sony die Entscheidung zum Rückzug des Films aus den Kinos. Zudem habe sich Sony auch gegen jede andere Form der Veröffentlichung des Films entschieden, sei es als Video auf privaten Kabelkanälen oder auf DVD, zitierte das Magazin "Variety" eine Sony-Sprecherin.

Zuvor hatten zahlreiche große Kino-Ketten in Nordamerika mitgeteilt, den Film nicht zeigen zu wollen. Auch die für Donnerstag geplante New Yorker Premiere wurde nach Medienberichten abgeblasen. Wie der "Hollywood Reporter" berichtete, verzichtet das Landmark's Sunshine Cinema darauf, den Film zu zeigen. Die Angreifer hätten in E-Mails an Reporter konkrete Drohungen mit Verweis auf den 11. September 2001 veröffentlicht. Laut "Wall Street Journal" will auch die viertgrößte US-Kinokette Carmike Cinemas den Film nicht zeigen.

Nordkorea hinter dem Hackerangriff?

Die Drohungen rund um den Film stammten vermutlich von denselben Personen, die Ende November die Computersysteme von Sony Pictures angegriffen hatten, berichtete das "Wall Street Journal". Weiters sei man von offizieller Seite in Washington zu dem Schluss gekommen, dass Nordkorea bei dem Eindringen in Rechner von Sony Pictures "eine zentrale Rolle gespielt habe, wie die "New York Times" und der Sender "Foxnews" am Donnerstag melden. Ermittler seien sich "zu 99 Prozent sicher", dass die Hacker im Auftrag der nordkoreanischen Regierung gearbeitet hätten, schreibt auch die "Washington Post".

Nach Angaben von "CNN" wollten US-Behörden dies noch am Donnerstag in einer offiziellen Erklärung bestätigen.

"Unamerikanischer Akt der Feigheit"

In dem Film bekommen zwei US-Journalisten (Seth Rogen und James Franco) den Auftrag, Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un bei einem Interview zu töten.

Bei dem Angriff war es den Hackern gelungen, flächendeckend auf die Datenbestände des Konzerns zuzugreifen. Über Tage war der IT-Betrieb von Sony Pictures lahmgelegt. Eine Hackergruppe namens "Guardians of Peace" ("Wächter des Friedens") hat sich inzwischen zu der Tat bekannt und fordert konkret, den Film "The Interview" zu stoppen. Nordkorea bestritt offiziell, an der Attacke beteiligt gewesen zu sein.

Schauspieler zeigten sich enttäuscht von der Absage. "Ein trauriger Tag für die Kreativität", schrieb Steve Carell bei Twitter. Sein Kollege Ben Stiller betonte: "Es ist wirklich schwer zu glauben, dass das die Antwort auf eine Bedrohung der freien Meinungsäußerung hier in Amerika ist." Talkmaster Jimmy Kimmel sprach von einem "unamerikanischen Akt der Feigheit, der terroristische Handlungen bestätigt und einen ungeheuerlichen Präzedenzfall schafft".

"The Interview" sollte am 25. Dezember in den USA starten. In Österreich war der Start des Films mit Produktionskosten von rund 44 Millionen US-Dollar (etwa 35 Millionen Euro) für 6. Februar geplant.

"The Interview"

"The Interview" sollte am 25. Dezember in den USA starten. In dem Streifen bekommen zwei US-Journalisten, gespielt von Seth Rogen und James Franco, den Auftrag, den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un bei einer Interview-Gelegenheit zu töten. In Deutschland sollte der Film, dessen Produktion rund 44 Millionen Dollar (etwa 35 Millionen Euro) gekostet hat, im Februar anlaufen.

>> Washington Post

>> New York Times

(APA/Reuters/AFP/dpa)

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