Die Verhandlungen haben begonnen. Um einen Kompromiss wird vor allem im Bereich der Vermögensteuern gerungen.
Wien. Schweigsam gaben sich die Teilnehmer der Steuerreform-Verhandlungsgruppe nach ihrem ersten Treffen am Mittwochabend. Ein „Marathon“ werde es werden, der sich erst auf den letzten Metern entscheiden werde, sagte der Vorarlberger Landeshauptmann, Markus Wallner. Die Konzepte würden auf dem Tisch liegen, nun gelte es, aus den Schützengräben herauszukommen und Brücken zu bauen.
Wallner verhandelt auf ÖVP-Seite gemeinsam mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Finanzminister Hans Jörg Schelling sowie dem oberösterreichischen Landeschef, Josef Pühringer. Das SPÖ-Verhandlungsteam wird von Bundeskanzler Werner Faymann angeführt, unterstützt wird er von Klubchef Andreas Schieder sowie von den Landeshauptleuten Michael Häupl und Peter Kaiser.
Bis 17. März soll es eine Einigung geben, darauf hat sich die Koalition bereits geeinigt. Doch der Weg dorthin ist schwierig: Während die SPÖ auf Vermögensteuern pocht und da innerparteilich praktisch nicht zurückkann, hat die ÖVP diese weitgehend ausgeschlossen. Bei den nächsten Terminen ab Mitte Jänner wird es wohl darum gehen, Kompromissformeln zu finden. Oder, wie es Pühringer formulierte: Die „reine Lehre“ wird keiner durchsetzen können.
Möglichkeiten für eine Annäherung bei der Vermögensbesteuerung gibt es beispielsweise bei der Grundsteuer, die ja auch eine Vermögensteuer ist, oder bei der Solidarabgabe. Diese zeitlich befristete höhere Besteuerung von hohen Einkommen könnte ausgeweitet werden. Dabei handelt es sich zwar um keine Vermögensteuer, wohl aber könnte eine derartige Maßnahme als „Reichensteuer“ verkauft werden.
Was genau jetzt verhandelt wird, wollen beide Seiten jedenfalls nicht verraten. „Zwischenergebnisse und Zwischenstände werden nicht veröffentlicht“, formulierte es der Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser.
Trotzdem gibt es schon erste Widerstände gegen mögliche Maßnahmen. So will „Licht ins Dunkel“-Gründer Kurt Bergmann aus dem Bericht der Expertenkommission eine Abschaffung der Absetzbarkeit von Spenden herauslesen und protestiert dagegen. ÖVP-Finanzsprecher Andreas Zakostelsky widerspricht: Eine Abschaffung stehe nicht zur Diskussion, die Expertenkommission habe lediglich empfohlen, das Spendenverhalten exakt zu evaluieren und die Überprüfbarkeit von Spenden zu erleichtern.
Entlastung für Arme
Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch bei den Wirtschaftsforschern – nämlich, wie Bezieher von niedrigen Einkommen entlastet werden könnten. Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, plädiert für eine Senkung der Sozialabgaben und unterstützt damit die Position der ÖVP. Das Institut für Höhere Studien dagegen hält davon nichts, weil damit das Versicherungsprinzip unterlaufen würde, und will lieber Negativsteuern einführen – und liegt damit ausnahmsweise einmal ganz auf der Linie von Arbeiterkammer und SPÖ.
411 Mio. mehr für Pensionen
Nächstes Jahr muss der Finanzminister übrigens einen Mehraufwand für Pensionen einberechnen: Wie aus dem Voranschlag der Pensionsversicherungsanstalt hervorgeht, wird der Bund 5,3 Milliarden Euro zu den gesetzlichen Pensionen zuschießen. Diese Abgangsdeckung erhöht sich gegenüber heuer um 411 Millionen Euro.
Im ASVG-Bereich stehen Beitragseinnahmen von 27,26 Milliarden Euro einem Pensionsaufwand von 29,56 Milliarden gegenüber. Das entspricht einer Deckungsquote von 92,2 Prozent. (APA/maf)
Steuerreform
Bis 17. März will die Koalition die Steuerreform fixieren. Divergierende Auffassungen gibt es sowohl bei Art und Umfang der Entlastung als auch in puncto Gegenfinanzierung. Während die SPÖ 5,9 Milliarden Euro in eine Senkung der Tarife investieren will, sieht das ÖVP-Konzept dafür nur 3,8 Milliarden Euro vor. 800 Millionen sollen laut ÖVP an die Wirtschaft gehen, 400 Millionen an die Familien. Bei der Gegenfinanzierung ist der größte Streitpunkt die Einführung von Vermögen-, Erbschafts- und Schenkungssteuern.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)