Ein echter PR-Coup

Es liest sich wie eine Szene aus dem wunderbaren, völlig surrealen Nordkorea-Roman „Das geraubte Leben des Waisen Jun Do“, für den Autor Adam Johnson den Pulitzer-Preis 2013 gewonnen hat.

Die US-Filmproduktionsfirma New Regency gibt nun auch den Drohungen mit Hacker-Angriffen und Anschlägen nach und verzichtet auf die Verfilmung des Comics „Pjöngjang“ über einen potenziellen kanadischen Spion. Zuvor hatte schon Sony die Komödie „The Interview“ de facto zurückgezogen. In dem Streifen geht es um einen möglichen Anschlag auf den nordkoreanischen Realsatirediktator.

Dieser einzigartige Rückzug von mehr oder weniger künstlerischen Inhalten auf Druck einer absurden Diktatur ist ernster, als es sich liest. Man muss nicht viel Fantasie haben, um zu ahnen, dass dieses Beispiel Schule machen wird. Bisher gab es Demonstrationen gegen zu freizügige, politisch nicht genehme oder religiös subjektiv verletzende Filme. Gezeigt wurden sie dennoch irgendwo. Nun kann offenbar ein Staat Filme aus dem Programm nehmen.

Nicht wenige halten die anfangs absurde Reaktion Hollywoods für einen PR-Coup der Filmproduzenten. Ein solcher ist er auf jeden Fall: für das wirtschaftlich wankende Nordkorea.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)

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