Vatikan: Die Rückkehr der katholischen Kirche in die Weltpolitik

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Papst Franziskus spielte eine wichtige Rolle bei der Annäherung zwischen Kuba und den USA. Das Fundament legten seine Vorgänger.

Rom. Nach achtjähriger Abstinenz unter Benedikt XVI. meldet sich die katholische Kirchenleitung in der Weltpolitik zurück: Mit der Gebetswache für Syrien und dem gemeinsamen Friedensgebet der Präsidenten von Israel und Palästina, Shimon Peres und Mahmud Abbas, in den Vatikanischen Gärten hat Franziskus seine Akzente gesetzt. Und nun ist es ihm gelungen, sogar die USA und Kuba an einen Tisch zu bekommen.

Franziskus hat „im Lauf der letzten Monate“, wie der Vatikan bekannt gab, zwei Briefe an US-Präsident Obama und Kubas Staatschef Castro geschickt, in denen es nicht nur um humanitäre Fragen ging. Rom zielte auf „eine neue Phase der Beziehungen“ ab. Es folgten direkte amerikanisch-kubanische Gespräche in Kanada und hinter den verschwiegenen Mauern des Vatikans. Diesen Montag war US-Außenminister John Kerry bereits das zweite Mal in diesem Jahr im Vatikan. Die Fäden zogen vier Männer, die sich mit Lateinamerika bestens auskennen. Jorge Mario Bergoglio als Argentinier sowieso, dann sein „zweiter Mann“, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der bis vor gut einem Jahr noch päpstlicher Botschafter in Venezuela war, dazu die langjährigen Kirchendiplomaten Beniamino Stella und Angelo Becciu als frühere Botschafter in Kuba.

Das Fundament indes legte Johannes Paul II., der nicht nur bei der Öffnung Osteuropas eine entscheidende Rolle spielte, sondern sich auch in die karibische Bastion des Kommunismus vortastete. 1997 erklärte der Atheist Fidel Castro das Weihnachtsfest zum Feiertag auf Kuba – vier Wochen später kam Johannes Paul II. auf die Insel, führte ein langes Gespräch mit Fidel Castro und sagte: „Möge Kuba sich mit seinen großartigen Möglichkeiten zur Welt hin öffnen, und möge sich die Welt für Kuba öffnen.“

Am doppelten Ziel – Aufhebung der US-Sanktionen gegen Kuba sowie dessen Eingliederung in die Staatengemeinschaft – hat die Vatikandiplomatie beharrlich gearbeitet. Und von innen half die kubanische Kirche: Die vorher brüsk antikommunistischen Bischöfe waren unter Führung von Kardinal Ortega auf eine „Politik der kleinen Schritte“ umgeschwenkt. Die Kirche bekam immer mehr Zulauf; die Kuba-Reise Benedikts XVI. im März 2012 stärkte sie weiter, sodass keiner mehr an ihr vorbeikam. (p. k.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)

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