Geschenke für die Gesellschaft

Engagement. Die Unternehmen sind mit dem aktuellen Bildungssystem zunehmend unzufrieden und ergreifen selbst die Initiative. Entweder durch persönlichen Einsatz oder durch Sponsorings. Von Michael Köttritsch

Die Bildungsdebatte läuft in Österreich in einer Endlosschleife – und ohne Ergebnisse. Vor allem die Unternehmen sind mit der Situation unzufrieden. Einige ergreifen daher selbst die Initiative. Sie vermitteln Schülern Fähigkeiten, die im Regelunterricht nicht vermittelt werden.

Eines dieser Unternehmen ist Networx Business Services. Denn Gründer Markus Nekham stellte im Lauf der Zeit fest: Wer weiß, wie Verhandlungen laufen, kann in kürzerer Zeit bessere Ergebnisse erzielen. Dieses Wissen wollte er weitergeben. Da Verhandeln in der Schule bestenfalls intuitiv vermittelt wird, wurde er selbst aktiv.

Seit vier Jahren bieten Nekham und sein Team Kurse unter dem Titel „Verhandeln für alle“ an der HTL Mödling an. 1500 Schüler hat er auf diese Weise begeistert – kostenlos und ohne Gegenleistung. Mittlerweile zogen andere Schulen nach. Nach einer kompakten Infoveranstaltung entscheiden die Schüler selbst, ob sie die Inhalte ansprechen. Das Training selbst findet an drei bis vier schulautonomen Tagen statt, also außerhalb der Unterrichtszeit. Nekham, der seit mehr als zehn Jahren an der WU Wien unterrichtet, trägt bei den Kursen selbst vor und übt mit den Schülern mit dem Ziel: „Sie sollen Werkzeuge mitnehmen und die Methoden nach dem Seminar anwenden können.“

Keine schnöde Werbung
Ganz unproblematisch ist es allerdings nicht, wenn Unternehmen mit Schulen kooperieren. Besonders wenn sie Unterrichtszeit nützen, um sich selbst zu präsentieren und Schüler als Kunden zu gewinnen. Die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien musste erst in dieser Woche ein Sponsoring einstellen. Sie hatte in Schulen mit Plakaten geworben und Schüler bei Infoveranstaltungen im Unterricht ermuntert, ein Konto zu eröffnen.

Zurück zu jenen Unternehmen, die mit ihrem Engagement das Bildungssystem verbessern möchten. Im jüngsten Social-Progress-Index, der Länder anhand sozialer und ökologischer Kennzahlen bewertet, liegt Österreich an elfter Stelle vor Deutschland und Großbritannien (Klassenbester ist Neuseeland). Doch geht es um Bildung, rangiert Österreich nur auf Platz 25. Die Gründe: niedrige Akademikerquote, hohe Drop-out-Rate, lange Studiendauer, Ungleichheit bei den Bildungsabschlüssen.

Bernhard Gröhs, Managing-Partner des Beratungsunternehmens Deloitte, sieht die Probleme sowohl im akademischen Bereich als auch im Kindergarten und in der Volksschule: „Das analytische Denken lässt nach, die kommunikativen Fähigkeiten gehen verloren.“ Ihm gehe es nicht nur darum, dass aus den Schulen gut ausgebildete Menschen mit großem Fachwissen kommen. Sondern ihm liegen auch die sozialen Kompetenzen am Herzen.

Mit Musik das Lernen lernen
Sein Unternehmen geht zwar nicht selbst in die Schulen, doch unterstützt es den Verein Superar. Das Musikvermittlungsprojekt betreut seit 2009 rund 1000 Kinder in Österreich, die keine Möglichkeit haben, ein Instrument zu erlernen oder zu singen. Das Ziel ist, durch Musikunterricht nicht nur musikalische Fähigkeiten, sondern auch Konzentration, Leistungsbereitschaft, Kreativität und Selbstbewusstsein zu fördern. Am Ende des Übens steht immer ein Auftritt des Chors oder Orchesters – ein besonderes Ereignis für Kinder und Eltern, erzählt Gröhs. Der begeisterte Musiker glaubt an den Return on Investment für die Gesellschaft.

Wie Superar verknüpft auch Teach for Austria Bildung mit Problemen der Migration. Die ebenfalls auf Sponsoren angewiesene Institution rekrutiert Hochschulabsolventen für zweijährige Fellow-Programme. Fellows unterrichten Kinder zwischen zehn und 15 Jahren, die aus armen Familien kommen und deren Eltern geringe oder keine Bildungsabschlüsse haben. 85 Prozent dieser Kinder haben nicht Deutsch als Muttersprache. Das Ziel ist hochgesteckt: Bis zu zweieinhalb Jahre

Bildungsrückstand sind aufzuholen, den Kindern soll so der soziale Aufstieg möglich gemacht werden. Übrigens: Bis 11.Jänner können sich potenzielle Fellows bei Teach for Austria bewerben.

www.teachforaustria.at
www.superar.eu

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