Papier, das Strom sparen hilft

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Der Verpackungshersteller Mondi im Kärntner Frantschach entwickelt neue und verbessert bestehende Technologien: So sollen Rohstoffe und Energie gespart werden.

Der Advent ist nicht nur die Zeit der Geschenke, sondern auch der Verpackung. Papier gibt es ja wie Sand am Meer, und einst galt: je feiner, desto besser und schöner. Inzwischen sind auch Materialien mit hoher Festigkeit, so genannte Kraftpapiere (siehe Lexikon), „schön“ geworden. Für grüne Seelen: Ihre Produktion wird allmählich auch immer energiesparender.

Wie die „Presse“ berichtete, wurde heuer der Forschungsfahrplan Energieeffizienz von Klima- und Energiefonds mit Industrie und Forschung erarbeitet. Leo Arpa vom Kraftpapierhersteller Mondi Frantschach erläuterte die Ziele für eine energieeffiziente Produktion: „Wir lösen aus der Ressource Holz die Fasern zur Papierherstellung heraus und nutzen das energiereiche Lignin des Holzes zur Produktion von Dampf und Strom.“ Der Dampf aus der Kraft-Wärme-Kopplung dient nicht nur der Heizung der Trockenzylinder der Papiermaschine, sondern wird zum Teil auch in die lokale Fernwärme eingespeist.

Arbeitspakete geschnürt

Mondi Frantschach im Kärntner Lavanttal legte „immer großen Wert auf Prozess- und Energieeffizienz“ und hat dafür Preise eingeheimst, darunter den Constantinus und den European Motor Challenge Award. Was lag näher, als angesichts der drastischen Verteuerung thermischer und elektrischer Energie einen neuen Schritt zu wagen?

Das Projekt Energieeffiziente Kraft Papier Produktion, gemeinsam mit dem Institut für Papier-, Zellstoff- und Fasertechnik der TU Graz und des Kompetenzzentrum Holz erarbeitet, wird nun im Programm Neue Energien 2020 des Klima- und Energiefonds von Technologie- und Lebensministerium gefördert. Projektmanager Johannes Leitner schrieb dazu: „Aufbauend auf intelligenten Sensoren und neuen Systemkonzepten wird die Ressourceneffizienz der Herstellung von Kraftpapieren speziell auf der Energieseite als auch auf der Rohstoffseite signifikant über den Stand der Technik gehoben.“

Wie das im Detail funktioniert? Es wurden Arbeitspakete entwickelt, und zwar einzeln für die drei Hauptabschnitte einer Papiermaschine – Siebpartie, Pressenpartie und Trockenpartie. Damit wurden auch Potenziale außerhalb der eigentlichen Papierproduktion gehoben, etwa „durch die Verwendung von Additiven, die in ihrer Herstellung ressourcenschonender sind“. Insgesamt sollten in dem dreijährigen Projekt jährlich mehr als 1600 Megawattstunden (MWh) elektrische sowie über 4000 MWh thermische Energie eingespart werden.

Die wohl höchste Effizienzsteigerung brachte das Arbeitspaket Wet-End, wo durch erhöhte Entwässerung beachtliche Energiemengen bei den Vakuumpumpen und nachgeschalteten Aggregaten der Papiermaschine eingespart werden. Gleichzeitig konnte die Menge des extrem energieintensiv herzustellenden Aluminiumsulfats wie auch der synthetischen Leimungsmittel reduziert werden.

Der vermutlich wichtigste Teil von Wet-End betraf Untersuchungen zu Trockenfestmitteln. Es stellte sich heraus, dass es Mittel gibt, die wesentlich höhere Festigkeit verleihen als die bisher verwendete Stärke. Höhere Festigkeit bedeutet niedrigeres Flächengewicht, womit weniger Energie zur Trocknung benötigt wird.

Leitner betont, wie wichtig möglichst weitgehende Entwässerung ist: „Eine Steigerung des Ausgangstrockengehalts der Pressenpartie um ein Prozent kann den Energiebedarf um rund vier Prozent senken.“ Besonders schlimm ist die Energiebilanz in der Trockenpartie. Obwohl dort nur rund zwei Prozent des ursprünglichen Wassergehalts des Zellstoffes thermisch getrocknet werden, „verbraucht“ der Vorgang fast 95 Prozent des Energiebedarfs der Papiermaschine.

Einsparung beim Neustart

Detaillierte Luft-, Wasser- und Energiebilanzen sollen hier Abhilfe schaffen. Laut Leitner ist ein Szenario, die „Leckluft“ zu verringern, indem die Ströme von Zu- und Abluftventilatoren optimiert werden. „Ein weiteres Sparpotenzial liegt in der Verschiebung von Feuchtezonen innerhalb der Trockenhaube.“ Mit Hilfe der Daten erhofft er sich auch Einsparungen beim Neustart, wenn zum Beispiel eine Papierbahn gerissen ist, oder nach betriebsbedingten Pausen.

Die Frantschach-Tochter von Mondi – ein internationales Verpackungs- und Papierunternehmen mit mehr als 26.000 Mitarbeitern in 30 Ländern – leistet auch einen ganz speziellen Beitrag zur Energieeffizienz. Ziel ist es, mindestens fünf Prozent des eigenen Energieverbrauchs durch die Nutzung von Reststoffen oder Nebenprodukten abzudecken. In Kärnten wurde um rund 60 Millionen Euro eine Kesselanlage errichtet, in der seit dem Vorjahr Schwarzlauge, ein Reststoff der Papierproduktion, verbrannt und damit zusätzlicher Strom produziert wird. Diese Ökostrom-Anlage in Frantschach sei „Teil unseres Bekenntnisses zu nachhaltiger Wirtschaft“, sagt Mondi-CEO Peter J. Oswald, der dafür gerne eine Ökostromförderung hätte.

Und schon hat Mondi Frantschach die nächste Überraschung parat. Leo Arpa kündigte sie bei der Präsentation des „Forschungsfahrplans Energieeffizienz“ an: Auch die Natur solle Vorbild für neue Technologien sein. Pflanzen in sehr kalten oder trockenen Umgebungen hätten die Fähigkeit, aus Feststoffen eine Flüssigkeit zu bilden. „Wir wollen diese Flüssigkeiten für den Zellstoffaufschluss untersuchen, mit dem Ziel eines energetisch günstigeren Produktionsverfahrens“, sagte Arpa. Für Weihnachtsfans gilt es allerdings, ihre Energie in liebevolle Geschenke zu stecken. [ Fotolia ]

LEXIKON

www.Siehe auch:http://diepresse.com/energieKraftpapier ist die Papiersorte mit der höchsten Festigkeit. Es besteht fast ausschließlich aus Zellstofffasern. Zugesetzt werden nur Stärke, Alaun und Leim, um die Festigkeit weiter zu steigern bzw. für Oberflächeneffekte.

Besonders festes Papier ergeben die Fasern von Fichte und Kiefer, die zur weiteren Verbesserung gemahlen werden. Altpapier und Füllstoffe können nicht eingesetzt werden. Für die höchsten Festigkeiten sorgt das Sulfatverfahren zur Zellstoffgewinnung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2014)

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