Österreich keine Steueroase?

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EU-Chefs dürften nicht zulassen, dass Österreich und Luxemburg auf der G20-Liste der Steueroasen landen. Finanzminister Steinbrück brachte Bern gegen sich auf.

BERLIN/BRÜSSEL. Österreich durfte am Donnerstagabend hoffen: Letzten Signalen vom EU-Gipfels in Brüssel zufolge dürfte es doch nicht auf der „Schwarzen Liste“ von mutmaßlichen Steueroasen landen. Eine solche Liste wollten die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) bei ihrem Gipfel am 2. April in London beschließen. Und wie in den Vorwochen sogar die EU-Kommission, die oberste Verwaltungsbehörde Europas, warnte, könnten auch Österreich und Luxemburg darauf landen. Die beiden Länder sind selbst nicht in der G20 vertreten, können also nicht mitbestimmen.

Mit ihrem Bankgeheimnis sind die beiden Länder nicht nur den EU-Partnern, sondern auch vielen anderen Partnern ein Dorn im Auge. Belgien, das ebenfalls noch das Bankgeheimnis pflegt, hat bereits vor Monaten signalisiert, davon abrücken zu wollen, es stand zuletzt also nicht im Zentrum der Kritik. In der Vorwoche zogen Österreich und Luxemburg mit ersten Zugeständnissen nach: Sie können sich jetzt eher vorstellen, Informationen über Steuerflüchtlinge an deren Heimat zu melden.

Am Donnerstag wollten die europäischen Staats- und Regierungschefs Diplomaten deswegen nichts mehr von einem Eintrag der beiden EU-Länder auf der G20-Liste der Steueroasen wissen: Sie dürften sich beim G20-Treffen in London dagegen aussprechen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker sollen die gefürchtete Liste im Kreis ihrer Amtskollegen in Brüssel angesprochen haben. Und es habe „keinen Widerstand“ gegen ihren Aufruf gegeben, dass Österreich oder Luxemburg nicht mehr wie geplant auf der Liste aufscheinen sollten, so hieß es in Brüssel.

Davor waren die Seelen der europäischen Regierungschefs sowie der Finanzminister, die ebenfalls in Brüssel waren, hochgekocht. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) musste gar  Beschimpfungen als „Nazi-Scherge“ durch die Schweiz als „absolut unverhältnismäßig und inakzeptabel“ zurückweisen. Stein des Anstoßes zwischen Bern und Berlin waren das Bankgeheimnis sowie Steinbrücks forscher Feldzug gegen Steueroasen gewesen.

Zu Beginn der Woche hatte das deutsche Finanzministerium die Schweiz, Österreich und andere Länder aufgefordert, die Bereitschaft zum Kampf gegen Steuerflucht durch „konkrete Taten“ zu belegen. Der politische Druck auf diese Länder müsse aufrechterhalten werden, hieß es in einer Erklärung. In der Vergangenheit habe es zu viele nicht eingehaltene Versprechen gegeben. Die von den Staaten angedeutete Bereitschaft, den OECD-Standard von Transparenz und Austausch von Auskünften zu akzeptieren, deute grundsätzlich auf eine positive Entwicklung hin.

Steinbrück blieben aber Zweifel: Deshalb könnte von der OECD eine schwarze Liste mit Steueroasen erarbeitet werden. Dies sei „die siebte Kavallerie in Fort Yuma, die man auch ausreiten lassen kann“. Man müsse dies aber nicht unbedingt tun: „Die Indianer müssen nur wissen, dass es sie gibt.“

Eklat wegen Indianervergleich


Der Indianervergleich hat in der Schweiz große Empörung ausgelöst, Bern bestellte den deutschen Botschafter ein. Den Christdemokraten Thomas Müller erinnert Steinbrück an „jene Deutsche, die vor sechzig Jahren mit Ledermantel, Stiefel und Armbinde durch die Gassen gegangen sind“. Boulevardmedien bezeichneten den Finanzminister als „hässlichen Deutschen“. Der Schweizer Wirtschaftsstaatssekretär Jean-Daniel Gerber kommentierte den Vergleich mit den Worten: „Das macht man nicht mit befreundeten Staaten.“

In Berlin verwahrt man sich gegen die Angriffe: Bern habe jedes Maß verloren. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stärkt Steinbrück am Rande des EU-Gipfels den Rücken: Bei Steueroasen sei es richtig, „Ross und Reiter mit Namen zu nennen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2009)

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