Doping-Affäre: Walter Mayer zieht Anschuldigungen zurück

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Umstrittener Extrainer will doch keinen „Maulkorb“ vom Bundesheer verpasst bekommen haben.

Die Disziplinarabteilung im Ministerium für Landesverteidigung muss seit einigen Tagen gewaltig Überstunden machen. Nachdem die „Presse am Sonntag“ Auszüge aus der Geheimakte Walter Mayer veröffentlicht hat, wird intern ermittelt. Ins Zwielicht ist der Kommandant des Heeressportzentrums (HSZ) Gerhard Eckelsberger geraten. Er soll im Mai 2006 Mayer gegenüber gewisse Versprechungen gemacht haben. Der unter Doping-Verdacht stehende Mayer behauptete, Eckelsberger habe ihm den Posten des stellvertretenden Chefs des HSZ Graz in Aussicht gestellt. Im Gegenzug sollte Mayer zur Turiner Doping-Causa schweigen. Und es wurde ihm auch geraten, eine Klage gegen IOC-Präsident Jacques Rogge fallen zu lassen.

HSZ-Kommandant Eckelsberger will zu den Ereignissen rund um die Causa Walter Mayer nicht Stellung nehmen. „Ich bin nicht befugt, darüber zu reden“, meint er auf Anfrage der „Presse“. „Der Fall Mayer war und ist Chefsache.“ Bleibt die Frage: Was heißt konkret „war und ist Chefsache“?

Verteidigungsminister war damals Günther Platter, heute Landeshauptmann von Tirol. „Die Vorwürfe sind völlig an den Haaren herbei gezogen“, lässt er am Mittwoch ausrichten. „Es hat diesbezüglich weder irgendwelche Kontakte noch Gespräche von mir gegeben.“

Mit dabei bei besagter Unterredung mit Mayer war damals auch Helmut Iwanoff. Er ist Referatsleiter für BSO-Sportarten. Auch ihn fragte die „Presse“, warum dem Bundesheer so daran gelegen wäre, dass Mayer den Mund hält. „Das ist eine interne Angelegenheit“, sagt er. „Ich kann dazu keine Stellungnahme abgeben, das bringt nur Durcheinander.“ Aber die Gesprächsrunde hat tatsächlich stattgefunden? „Ja, die Besprechung gab's“, bestätigt Iwanoff der „Presse“. Und damit das Durcheinander perfekt ist, hat Vizeleutnant Josef Hagendorfer damals die Unterredung schriftlich festgehalten. Heute zieht er es vor, über die Vergangenheit zu schweigen.

So viel Durcheinander. Unter anderem, weil Extrainer Mayer am Dienstag gegenüber der „Kleinen Zeitung“ gesagt hat, ihm sei damals bei dieser Besprechung „ein Maulkorb auferlegt worden“. „Ich bin nach Wien beordert worden, da saß ich mit einem Personalvertreter, einem Schriftführer, Amtsdirektor Iwanoff und Oberst Eckelsberger.“ Und: „Mir wurden viele Dinge in Aussicht gestellt: Ich sollte den Trainerjob zurücklegen und werde als stellvertretender Kommandant des HSZ nach Graz versetzt.“

Am Donnerstag wurde Mayer in Graz von einer Bundesheer-Kommission befragt. Sie wurde von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) eingesetzt, um unter anderem zu überprüfen, ob beim Bundesheer die Doping-Affäre vertuscht worden ist.

Und plötzlich erklärte Mayer, es habe nie einen „Maulkorb“ gegeben. Zu den Vorfälle bei den Winterspielen in Turin sei ihm von seinen Vorgesetzten beim Bundesheer kein Redeverbot erteilt worden, erklärte der 53-Jährige. Zudem stellte Mayer auch fest, dass ihm niemals dezidiert der Posten des stellvertretenden Leiters des HSZ in Graz angeboten worden sei. Man habe ihm damals lediglich erklärt, er möge sich keine Sorgen machen, man würde ihn schon irgendwo unterbringen.

Biathleten um Distanz bemüht

Nun werden leider auch die aktiven, äußerst erfolgreichen Biathleten, die derzeit den Weltcup in Norwegen bestreiten, von der Affäre Mayer eingeholt. ÖSV-Direktor Biathlon, Markus Gandler, ist um Distanz bemüht. Vermutungen, dass möglicherweise im HSZ Hochfilzen gedopt worden sei, weist er aufs Schärfste zurück. Dort sei immer alles mit rechten Dingen zugegangen. Auch in der Vergangenheit. „Wer anderes behauptet, der lügt, den werden wir verklagen. Ich lasse mir von niemandem mehr ans Bein pinkeln!“

AUF EINEN BLICK

Interne Ermittlungen
Die Disziplinarkommission des Verteidigungsministeriums ermittelt in der Causa Walter Mayer auch gegen Oberst Gerhard Eckelsberger, Kommandant des Heeressportzentrums.

Doch Mayer zieht plötzlich alle Anschuldigungen zurück. Der Fall wird immer skurriler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2009)

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