Nach guten Ergebnissen zu Jahresbeginn verfing sich die neue Partei in Drogenbeschlüssen und Randthemen.
Im Vorjahr war „geflogen“ worden, für heuer hatte Neos-Chef Matthias Strolz einen anderen Gag auf Lager: „Wenn ich einen Österreicher um vier Uhr morgens wecke und frage: ,Wofür steht Neos?‘, dann möchte ich, dass er antwortet: Erneuerung.“ Realistischerweise fallen dem Österreicher, der mitten in der Nacht von Strolz geweckt wird, aber als erste Assoziationen Cannabis und Wasserprivatisierung ein.
Dabei waren die Neos zu Beginn des Jahres noch die Shootingstars. Die neue Parlamentspartei schaffte im März in der Stadt Salzburg 12,4Prozent. Auch auf Bundesebene schien man in Richtung Zweistelligkeit unterwegs. Als man bei der EU-Wahl im Mai nur acht Prozent erhielt, sagten die Neos auch – für eine politische Partei erfrischend ehrlich –, dass man unter den Erwartungen geblieben sei. Als die Vorarlberger Landtagswahl im September ebenfalls enttäuschend endete (man zog zwar ein, verpasste aber den Klubstatus), reagierte die pinke Fraktion schon wie eine Altpartei: Man habe doch eh Tolles erreicht, wurde getrommelt.
Krise im Oktober
Richtig schlecht wurde das Krisenmanagement im Oktober, als bei einer Mitgliederversammlung (entgegen dem Plan der Parteispitze) die Legalisierung von Cannabis beschlossen wurde. Erst versuchte man das in einer Aussendung zu verheimlichen. Nachdem die „Presse“ den Beschluss aufgedeckt hatte, folgten fast schon wehleidige Auftritte von Matthias Strolz. Bei einer Pressekonferenz wirkte er ungewohnt nervös. Im „ZiB2“-Interview wollte er unbedingt über anderes reden und reagierte beleidigt auf die Fragen. Das an sich große politische Talent Strolz, das das Kunststück geschafft hatte, mit einer neuen Bewegung auf Anhieb in den Nationalrat zu kommen, wirkte nur mehr wie ein Schatten seiner selbst.
Die Neos haben Fehler gemacht. Richtig viele Fehler. EU-Spitzenkandidatin Angelika Mlinar verfing sich im Thema Wasserprivatisierung, ihre Live-Auftritte im TV („Scheiße, das ist schwierig“) taten ihr Übriges. In Vorarlberg gab es ein ähnliches Problem mit einer unerfahrenen Spitzenkandidatin. Niko Alm, Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters, war als Religionssprecher vielleicht auch nicht die Idealbesetzung (er wurde in dieser Funktion im Sommer von Strolz abgelöst). Und die Parteijugend (die das Ja zur Cannabis-Legalisierung initiierte und am liebsten Kokain auch freigeben möchte) trug das Ihre dazu bei, um die wichtigen bürgerlichen Wählerschichten zu irritieren. Pinke Erfolge – etwa, dass der U-Ausschuss ein Minderheitenrecht wird – gingen daneben unter.
Stark begonnen, stark nachgelassen: Es war nicht das Jahr der Neos. Aber wer weiß, welche Ideen Matthias Strolz nach dem Fliegen und dem nächtlichen Aufwecken im nächsten Jahr noch einfallen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.12.2014)