Vorgaben aus Brüssel können sinnvoll sein

Lange Arbeitszeiten für Ärzte sind unzumutbar.

Auch wenn die EU immer wieder als Bürokratiemoloch gescholten wird, der uns mit absurden Vorschriften quält: Die Vorgabe, wonach Ärzte nicht mehr als 48Stunden pro Woche arbeiten dürfen, ist ein Segen. Erstens für die Ärzte, für die derartige Arbeitszeiten unzumutbar sind, zweitens für uns Patienten, denen die Behandlung durch übermüdete Mediziner auch nicht zugemutet werden dürfte.

Die Verhandlungen zwischen Spitälern und Ärzten sind deshalb so schwierig, weil das ganze System auf lange Arbeitszeiten aufgebaut ist: Die Grundgehälter sind niedrig, weil die Ärzte ohnehin an den vielen Überstunden verdienen. Oder umgekehrt: Die Dienstpläne sehen viele Überstunden vor, weil die Grundgehälter so niedrig sind. Bei Weitem nicht jeder Nacht- und Wochenenddienst wäre unbedingt notwendig, wie Spitalinsider wissen.

Jetzt wird gepokert. Die Maximalforderung der Ärzte nach vollem Lohnausgleich bei deutlich weniger Arbeit wird sich nicht durchsetzen lassen. Die Vorstellung der Spitalsbetreiber, dass eine Umstellung kostenneutral machbar ist, wohl auch nicht. Die Verhandlungen sollten jetzt aber nicht auf den Rücken der Patienten ausgetragen werden. Denn kürzere Arbeitszeiten sind möglich, wie das Beispiel Niederösterreich zeigt. Dort wurde das nämlich schon längst umgesetzt – ganz ohne Diktat aus Brüssel.

martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2014)

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