Wasser, Müll: Wie Gemeinden ihre Bürger abzocken

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Die Rechnungshof-Prüfer kritisieren die gängige Praxis der Gemeinden, durch Überschüsse bei Gebühren Budgetlöcher zu stopfen.

Wien. Müllgebühren, mit denen Löcher im regulären Gemeindebudget gestopft werden, Wassergebühren, mit denen die städtischen Bäder subventioniert werden, oder Gebühren für das Abwasser, die in den öffentlichen Nahverkehr gesteckt werden: In vielen österreichischen Gemeinden ist es gängige Praxis, über diverse Gebühren andere Bereiche (mit) zu finanzieren, wie der Rechnungshof (RH) in seinem aktuellen Tätigkeitsbericht einmal mehr kritisiert.

Bei der Überprüfung von Städten und Gemeinden haben die Prüfer des Rechnungshofs mehrfach festgestellt, dass mit den kassierten Abgaben teilweise erhebliche Überschüsse erwirtschaftet werden – die dann teils nicht korrekt eingesetzt werden.

Gebühr ist zweckgebunden

Dabei stößt sich der Rechnungshof gar nicht primär daran, dass die festgesetzten Gebühren höher sind als das, was es für Errichtung, Erhaltung und Betrieb braucht. Die Gebühren sollen die Ausgaben für die jeweilige Aufgabe jedenfalls abdecken; die Gemeinden dürfen sogar doppelt so viel Geld einsammeln wie das, was sie mutmaßlich brauchen.

Bloß: Es gibt genaue Vorgaben dafür, wie diese Überschüsse verwendet werden dürfen – und wie nicht. „Demnach sind über die einfache Kostendeckung hinausgehende Mittel ausschließlich für Aufgaben vorzusehen, die im inneren Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung stehen“, heißt es in dem aktuellen RH-Bericht. Die eingehobenen Überschüsse aus diversen Gebühren intern sozusagen als Anleihe zu nutzen und für andere Zwecke zu verwenden ist demnach zwar grundsätzlich okay. Es müsse aber sichergestellt werden, dass dieses Geld binnen zehn Jahren auch wieder zurückfließt und letztlich für die eigentliche Aufgabe – oder solche, die damit eben im inneren Zusammenhang stehen, von Folgekosten über Ökoziele bis zu Rücklagen –, aufgewendet wird.

Und: Dies gehöre auch ordentlich dokumentiert. Passiert all das nicht, so handelt es sich bei den kassierten Gebühren um versteckte Steuern ohne Rechtsgrundlage, sprich: illegale Steuern. Laut Rechnungshof könnten den Gemeinden sogar Rückzahlungen drohen.

390 Millionen Euro in Wien

Der Bericht führt eine ganze Reihe von Gemeinden und Städten auf, die hier in den vergangenen Jahren getrickst haben: So steckte etwa die Stadt Wien zwischen 2005 und 2007 insgesamt rund 390 Millionen Euro an Überschüssen aus den Bereichen Wasser, Kanal und Abfall in den regulären Haushalt. Die Stadt Salzburg verwendete zwischen 2007 und 2011 rund zehn Millionen Euro aus der Abwasserentsorgung für den Nahverkehr. Die Stadt Krems wurde vor zehn Jahren vom Rechnungshof gerügt, weil sie 1,7 Millionen Euro aus Wassergebühren ins Budget fließen ließ. Ähnliches zeigte sich bei Prüfungen von Gemeinden in Oberösterreich, in Vorarlberg und Kärnten.

Das gilt auch für ausgegliederte Unternehmen von Gemeinden. Kritisiert wurde von den Prüfern etwa auch, dass die Innsbrucker Kommunalbetriebe Überschüsse aus dem Bereich Wasser für die Bäder verwendeten, ähnlich agierten die Wolfsberger Stadtwerke.

Der Rechnungshof sieht aber auch eine andere Problematik, die sich in den kritisierten Praktiken widerspiegelt: Manche Kommunen könnten ihre Haushalte derzeit gar nicht anders finanzieren als durch den Griff in den Gebührentopf.

„Die Finanzierung des ordentlichen Haushalts kann mitunter nur durch Überschussentnahmen aus Gebührenhaushalten sichergestellt werden. Gemeinden mit angespannter finanzieller Lage sind dann nicht mehr in der Lage, ihre ordentlichen Ausgaben ohne diese zusätzlichen Einnahmen zu finanzieren.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.12.2014)

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