Automatenverbot: Folien schützen nicht vor Razzien

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Die Wiener Glücksspielbranche wartet gespannt auf den Besuch der Finanzpolizei. Novomatic hat seine Geräte "vorsorglich" außer Betrieb genommen.

Das Verbot des kleinen Glücksspiels in Wien wird zur Posse. Platzhirsch Novomatic hat seine Geräte kurz vor Jahreswechsel außer Betrieb genommen - "vorübergehend und vorsorglich", wie der Konzern betonte. Die Automaten mit einer Plastikfolie zu umwickeln, wie dies Betreiber schon seit geraumer Zeit machen, schützt nicht vor dem Zugriff der Finanzpolizei. Diese ist noch nicht zu Razzien ausgerückt.

Die Wiener Glücksspielbranche wartet derzeit gespannt auf Besuch der Behörde, immerhin sind einarmige Banditen seit gestern, Donnerstag, offiziell untersagt. Die Automatenbetreiber halten das Verbot für rechtswidrig, Novomatic hat seine Anwälte schon vor Monaten in Stellung gebracht und der Stadt Wien mit Klagen gedroht.

Automatenverband zahlt Taxi nach Bratislava

Seinen größten Spielsalon in der Bundeshauptstadt, das Admiral-Casino im Prater, hat der niederösterreichische Konzern aber heute komplett geschlossen. Auch Bereiche wie das Restaurant waren außer Betrieb. Man wisse nicht, wie es weitergehe, hieß es.

Am Silvesterabend hat das Prater-Casino seinen Gästen angeboten, in Niederösterreich bzw. im nahegelegenen Bratislava weiterspielen zu können. "Den Leuten wurde mündlich mitgeteilt, dass das Taxi bezahlt wird", sagte Helmut Kafka vom Automatenverband. Laut einem ausgeteilten Folder bekamen die Spieler einen Gutschein, wenn sie sich die sogenannte Novo-Card für Niederösterreich holen.

Das Problem in den Augen Kafkas: "Mindestens 20 bis 30 Prozent der aktivsten Spieler lassen sich nicht registrieren und identifizieren." Durch derlei "Beschränkungen" vertreibe man die Spieler in unkontrollierbare Bereiche, etwa ins Internet. Daher blieben auch die Steuereinnahmen aus dem Automatenspiel in Nieder- und Oberösterreich, wo aufgrund neuer Landesgesetze derlei Registrierungsprozedere vorgesehen sind, hinter den Erwartungen zurück.

Automaten haben das größte Suchtpotenzial

Betreiber machen mit dieser kleinen Spielergruppe dem Vernehmen nach bis zu 50 Prozent ihres Umsatzes. In Wien will die Stadtregierung dem Automatenzocken, dem Experten das größte Suchtpotenzial im Glücksspielbereich zuschreiben, ganz den Garaus machen. Juristisch ist das Verbot aber äußert umstritten, da nicht klar ist, ob es rechtens ist, die bestehenden Konzessionen vorzeitig - mit Jahresbeginn 2015 - auslaufen zu lassen. Die Betroffenen, allen voran Novomatic, halten das für illegal und haben schon mit Klagen gedroht. Dennoch haben die meisten ihre Geräte abgeschaltet. Jedoch: "Einige wenige betreiben sie weiter", so Kafka am Freitag.

Was abschalten genau heißt, darüber scheiden sich aber die Geister. Novomatic hat seine Geräte in Wien laut Kafka derzeit in transparente Plastikfolie eingewickelt. Eine Vorgehensweise, die der Automatenverband seinen Mitgliedern schon seit Jahren empfiehlt, um sich vor der Finanzpolizei zu schützen: "Nehmen Sie einen Müllsack, stülpen Sie ihn drüber und kleben Sie's zu." Hintergrund ist die unklare gesetzliche Lage im Glücksspielbereich, die seit Jahren für Zwist zwischen Betreibern von Automatenhallen und Finanzpolizei bzw. Exekutive sorgt und auch die Gerichte in Atem hält.

Razzien bleiben geheim

Der Chef der Finanzpolizei, Wilfried Lehner, stellte am Freitag unmissverständlich klar: "Folie bedeutet noch nicht, 'nicht betriebsbereit'." Dazu gebe es bereits eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), der festgestellt habe, dass selbst abgestellte Geräte, die mit Fesseln umstellt sind, noch immer betriebsbereit seien. "Man kann sich nicht vor Kontrolle immunisieren, indem man die Geräte in ein Eck stellt", erklärte Lehner.

Wann die Finanzpolizei in Wien nun zuschlagen wird, wollte Lehner freilich nicht verraten: "Wir werden das natürlich nicht ankündigen." In der Branche waren erste Razzien am heutigen Freitag erwartet worden - am Neujahrstag wären die Überstunden der Behörden zu teuer gewesen, wurde gemunkelt.

Strafe von 22.000 Euro pro Gerät

Dass die Finanzpolizei eigene Lkw angemietet habe, um die einarmigen Banditen gleich mitnehmen zu können, stimme nicht: "Wir mieten keine Lkw an, das ist nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist die Kontrolle." Für den Abtransport der Geräte müsste allenfalls die Verwaltungsbehörde sorgen, in Wien sei das die Landespolizeidirektion.

In der Vergangenheit wurden die als illegal erachteten Automaten oft "nur" versiegelt, blieben also vor Ort. In Wien stehen rund 2600 Glücksspielautomaten, davon stammen rund 1500 von Novomatic. Betreibern droht nun eine Strafe von 22.000 Euro pro Gerät. Mit dem Verbot wird aber nicht einmal ein Fünftel der rund 500 Zockerbuden ganz aus der Stadt verschwinden. In vielen Salons stehen nämlich neben den Glücksspielgeräten auch - legale - Wettautomaten.

(APA)

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