Spielautomaten: Ende in Müllsäcken

THEMENBILD: GLÜCKSSPIELAUTOMATENVERBOT IN WIEN
THEMENBILD: GLÜCKSSPIELAUTOMATENVERBOT IN WIEN(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
  • Drucken

Viele Spieler sind überrascht, dass das Verbot von Spielautomaten in Wien wirklich umgesetzt wurde – und suchen nach Alternativen. Nur einige Betreiber riskieren Klagen.

Wien. Noch kommen die Spieler. Anderthalb Tage, nachdem das Kleine Glücksspiel an lauten, wild blinkenden Automaten in Wien verboten ist, stehen immer wieder Männer vor der Tür des Spiellokals vis-à-vis der Lugner City. An den Türen der Zweier-Kabäuschen, hinter denen wohl nach wie vor zwei Spielautomaten stehen, nur der Hinweis: Hier stünden bald „neue, interessante“ Unterhaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Er habe es nicht geglaubt, sagt einer, der zum Spielen kommen wollte, dass das Verbot tatsächlich umgesetzt würde. Was nun? Wisse er nicht, sagt der bärtige Mann in Wollmütze und Lederjacke, am Vormittag. Er wolle sich „einmal umhören“, wo in Wien doch noch etwas geht.

Schließlich war lang unklar, wie es mit dem Kleinen Glücksspiel weitergeht. Während die Stadt das zuletzt vor allem in den ärmeren Gegenden Wiens boomende Geschäft mit Spielautomaten unterbinden will, hält die Glücksspielbranche das für illegal: Es sei nicht rechtens, bestehende Konzessionen mit Ende 2014 auslaufen zu lassen. Vor allem Platzhirsch Novomatic – zum Konzern gehören 1500 der rund 2700 einst legalen Automaten in Wien – bekämpft das Verbot mit allen Mitteln und hat Klagen angekündigt.

Taxis vom Prater ins Umland

Mit Mitternacht zum Jahreswechsel war in den Spielstätten von Novomatic Schluss. Vom Novomatic-Casino im Prater aus wurden Spieler nach Bratislava gefahren. Die Gratisbusse gebe es nun nicht mehr, erklärt ein bulliger, freundlicher Herr im Anzug am 2.Jänner. „Das Haus ist komplett geschlossen“, sagt er, der mit Kollegen die Besucher im Novomatic-Casino gleich hinter der Drehtür abfängt. Der Zugang zu den Automaten ist mit einem Band versperrt, dahinter sind die Automaten mit Folie eingewickelt und verklebt.

Am Info-Schalter stehen nun die Herren in Schwarz, verteilen mit Gratis-Croissants und Schokolade-Glücksbringern die Folder mit Adressen der Novomatic-Spielstätten in Niederösterreich – inklusive 50 Euro Guthaben. Zu einigen davon könne man nun vom Prater aus auf Novomatic-Kosten per Taxi fahren. Auch zurück zur nächsten U-Bahn-Station gebe es Shuttle-Dienste. Denn es scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben, dass das Verbot tatsächlich umgesetzt wurde: Wieder und wieder dreht sich die Tür am goldenen Portal, Männer gehen hinein – versunken über dem Folder kommen sie wieder heraus. Ein schwarzes Taxi fährt vor, einer steigt ein.

Es scheint, als gäbe sich die Glücksspielbranche alle Mühe, ihre Klientel nicht zu verlieren. Schließlich ist es ein äußerst lukratives Geschäft, das ihr mit dem Automatenglücksspiel abhandenkommen könnte. Helmut Kafka, Sprecher des Automatenverbandes, erzählt von einigen Lokalbetreibern, die mit Monatsende zusperren wollen, sofern es bis dahin keine endgültige Entscheidung gibt. Sportwetten allein – die bisher meist parallel in den Zocker-Lokalen angeboten wurden – seien meist keine Alternative: Zu groß sei da die Konkurrenz, vor allem im Internet, zu gering die Marge. Das Automatenglücksspiel – dem ein hohes Suchtpotenzial attestiert wird – war da deutlich lukrativer: 5000 bis 10.000 Euro Ertrag soll ein Automat pro Monat gebracht haben, der Stadt brachte ein Automat 1400 Euro an Abgaben pro Monat.

Einige warten auf Klagen

Nur einige wenige Automatenbetreiber, sagt Kafka, hätten ihre Geräte auch im neuen Jahr noch in Betrieb. Sie riskieren eine Strafe von im Wiederholungsfall bis zu 60.000 Euro. Denn schließlich brauche es eine Klage, um das Verbot höchstgerichtlich anzufechten. Diese Klagen dürften bald kommen. Ein Lokal in Ottakring wurde schon am Freitag von der Finanzpolizei kontrolliert. In der Branche heißt es, in den kommenden Tagen soll es im dritten, fünften und 16.Bezirk vermehrt Kontrollen geben.

Wilfried Lehner, der Leiter der Finanzpolizei, will freilich noch nicht sagen, ob und wann es die angekündigten Razzien gibt. Vorerst wolle man beobachten, was die Branche macht. Und vielleicht auch den Betreibern Zeit geben, um die Geräte wegzubringen? Denn, so Lehner, es reiche nicht, Müllsäcke über Automaten zu stülpen, sie zu verkleben und mit Zetteln auf die neue Rechtslage hinzuweisen. „Das heißt nicht, dass sie nicht mehr spielbereit sind.“

Schließlich besteht die Gefahr, dass das Glücksspiel in Hinterzimmer wandert, an offiziell nicht betriebsbereiten Automaten illegal gespielt wird. Findet die Finanzpolizei spielbereite Automaten, werden sie beschlagnahmt und verschrottet. Dazu kommt die Anzeige. Kafka sieht „spielbereit“ freilich anders: Ist ein Automat ausgeschaltet, ausgesteckt, verklebt, schütze das vor dem Zugriff der Behörde.

Auch in einem Admiral-Lokal nahe dem Westbahnhof stehen nun zwei solcher Automaten mit Müllsäcken. „Automatenspiel? Das ist vorbei“, erklärt ein Mitarbeiter. Wie es weitergeht, wisse er nicht, sagt er. „Na na, das kommt schon bald wieder“, erklärt ein Mann, der zum Spielen gekommen wäre, nun aber nur einen Kaffee trinkt. Überrascht hat es ihn auch, dass die Automaten nicht mehr im Betrieb sind. „So ein Geschäft lässt sich ja doch niemand verbieten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.