Kanzler Faymann und Sozialminister Hundstorfer sind sich einig: Die Arbeitslosigkeit könne nur durch neue Investitionen gesenkt werden – etwa im Wohnbereich.
Wien. Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hatte am Freitag keine guten Nachrichten: Nicht nur, dass mittlerweile jeder zehnte Österreicher arbeitslos ist, auch eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt sei vorerst nicht in Sicht. Es werde eher „zähflüssig“ weitergehen, prognostizierte Hundstorfer im ORF-Radio.
Mit einer Trendumkehr rechnet der Minister erst im zweiten Halbjahr 2015, wobei es zunächst zu einer Stagnation kommen werde. Eine spürbare Verbesserung erwartet Hundstorfer erst 2016. Angesichts der „anhaltenden Konjunkturkrise“ in der EU brauche es aber neue Initiativen wie das „Investitionsprogramm für leistbares Wohnen“, das die Sozialpartner vor Kurzem vorgestellt hätten. Dadurch könnten 150.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.
Kanzler Werner Faymann ließ der „Presse“ ausrichten, dass die österreichische Arbeitsmarktpolitik nicht losgelöst von der europäischen betrachtet werden könne. Er stehe zwar zu den vereinbarten Sparmaßnahmen in Europa, habe aber mehrmals betont, wie wichtig Investitionen wären. Der Fokus dürfe nicht mehr länger nur auf Austerität gerichtet werden. Daher stehe er auch hinter dem 315MilliardenEuro schweren Investitionspaket von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Hundstorfer versuchte inzwischen zu erklären, warum Österreich von Deutschland als Land mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit abgelöst wurde. Der Grund dafür sei nicht, dass Deutschland wirtschaftspolitisch etwas besser mache. Die deutsche Bevölkerung sei älter – und im Gegensatz zu Österreich werde dort das Angebot an Arbeitskräften kontinuierlich kleiner.
Besonders stark ist in Österreich der Anstieg bei den arbeitslosen Ausländern. Ende Dezember waren es fast 107.000, um 18,3 Prozent mehr als vor einem Jahr. Es finde gerade ein Austausch von Arbeitskräften aus verschiedenen Ländern statt, erklärte AMS-Vorstand Herbert Buchinger. Generell gebe es die Tendenz, „dass ungelernte Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund aus den klassischen Herkunftsländern, also aus den Balkanstaaten, durch gut qualifizierte Arbeitskräfte aus Ungarn, der Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Polen und Deutschland ersetzt werden.“
„Probleme hausgemacht“
Für FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl ist die hohe Arbeitslosigkeit hausgemacht. Das habe mit einer „schrankenlosen Zuwanderung“ und „exorbitant hohen Steuern“ zu tun. Eine Entlastung der Arbeitseinkommen wollen auch ÖGB und Arbeiterkammer. Die Wirtschaftskammer findet, dass Österreich mit Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt – analog zu HartzIV in Deutschland – und neuen Investitionen gegensteuern sollte.
Die Grünen freuten sich, dass Hundstorfer „den Jahresanfang nützt, um endlich eine Initiative für den Arbeitsmarkt zu setzen“. Das Team Stronach sieht den „gefräßigen sozialistischen Staat“ als Hauptschuldigen für die hohe Arbeitslosigkeit. (pri)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2015)