Schellhorn fordert Strukturreformen und Bürokratieabbau. Wifo-Fachmann Mahringer setzt hingegen auf staatliche Programme.
Wien. „Reformschwäche, Bürokratie und Steuerlast behindern Europas Erholung“, analysiert Franz Schellhorn, Leiter der wirtschaftsliberalen Denkfabrik Agenda Austria. Rekordschulden und Rekordarbeitslosigkeit seien das Ergebnis. Schellhorn kritisiert die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung. Die Regierung würde durch ihre Reformresistenz und das Schönreden von offensichtlichen Problemen den Abstieg des Wirtschaftsstandortes Österreich beschleunigen. Schellhorn fordert Strukturreformen, Bürokratieabbau und eine maßvolle Steuer- und Abgabenquote. Der Staat gibt pro Jahr gemessen am BIP um drei Prozentpunkte mehr aus als in Zeiten der Hochkonjunktur.
Staatliche Investitionen umstritten
Die Investitionen des Staates würden lediglich überholte Strukturen versteinern und nur virtuelles Wachstum bringen. Das schaffe ein investitionsfeindliches Klima und sei damit für die schlechte Wirtschaftslage mitverantwortlich, so Schellhorn. Prognose traut er sich keine zu. „Wenn wir glauben, uns die Realität noch länger mit geliehenem Geld zurechtbiegen zu können, wird die Rechnung eine sehr teure werden“, sagt Schellhorn.
Im Gegensatz zu Schellhorn befürwortet Helmut Mahringer, Arbeitsmarktexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), staatliche Investitionsprogramme. Es habe Sinn, den Arbeitsmarkt durch vorgezogene Investitionsprogramme zu stimulieren. Im Gegensatz zu einer notwendigen Entlastung des Faktors Arbeit würden staatliche Investitionen auch kurzfristig die Wirtschaft anregen und so die Situation auf dem Arbeitsmarkt entspannen, sagt Mahringer. Dafür könne kurzfristig auch ein höheres Budgetdefizit in Kauf genommen werden. Das käme langfristig billiger, als die Folgen der Arbeitslosigkeit zu finanzieren. „Dass Österreich während der Krise sogar seine Beschäftigungsquote steigern konnte, ist ein kleines Wunder“, erklärt Mahringer. Der Wifo-Experte ist der Meinung, dass in den kommenden zwei Jahren keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten sei. (dr)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2015)