Was die Republik Meinl vorwirft

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ARCHIVBILD: JULIUS MEINL V.APA/ROLAND SCHLAGER
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"Presse"-Exklusiv. Die Anklage gegen Julius Meinl und den Vorstand der Meinl Bank ist zugestellt. Das Dokument liegt der „Presse“ vor. Demnach war es Untreue nach einem genauen "Drehbuch".

Wien. Nach dreieinhalb Jahre dauernden Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft in der Causa Meinl nun endlich die Anklageschrift fertig. Am vergangenen Montag wurde sie den Vorstandsmitgliedern der Meinl Bank (MBAG), Peter Weinzierl, Günter Weiss und Robert Kofler sowie den Aufsichtsratsmitgliedern Julius Meinl und einem seiner Kollegen zugestellt. „Mit den besten Wünschen für das kommende Jahr“ hatte der zuständige Staatsanwalt Bernhard Löw das Schriftstück den Strafverteidigern der Angeklagten allerdings schon einige Tage zuvor per Mail übermittelt.

Auf 40 Seiten legt die Staatsanwaltschaft Wien dar, weshalb die Organe der Meinl Bank 2015 auf der Anklagebank des Wiener Straflandesgericht Platz nehmen müssen. Alles dreht sich um die Ausschüttung einer Sachdividende in der Höhe von 211,9 Millionen Euro Anfang 2009. Durch diese Ausschüttung an die Mehrheitsaktionärin Far East, die Julius Meinl zuzurechnen ist, sollen die Genannten der Meinl Bank wissentlich einen Vermögensschaden zugefügt haben.
Darüber hinaus habe man verabsäumt, im Jahresabschluss Rückstellungen in ausreichender Höhe zu bilden. Dabei hätten die Banker damals gewusst, dass der Gesellschaft „potentielle Haftungsrisiken .. in einer Größenordnung von zumindest 250 Mio Euro“ von geschädigten Anlegern ins Haus stehen würden. Zu Erinnerung: Durch den drastischen Kursverfall der Meinl European Land-Zertifikate fühlten sich zahlreiche Anleger getäuscht und machten gegen die Bank Ansprüche geltend.

"Kein Geschäftsmodell in Aussicht"

Noch ein anderer Umstand hätte die Verantwortlichen davon abhalten müssen, eine Ausschüttung vorzunehmen, so die Staatsanwaltschaft: Von 2003 an bestand zwischen der MBAG und der Atrium European Real Estate (vormals Meinl European Land) eine Geschäftsbeziehung, die der Bank Erträge von „zumindest 600 Mio“ Euro gebracht haben soll. Nach dem Ende dieser lukrativen Partnerschaft im Jahr 2008 sei „die de facto einzige wesentliche Einnahmequelle der Meinl Bank weggefallen...“. Stattdessen hätte „kein auch nur annähernd gewinnbringendes Geschäftsmodell bestanden“ oder auch nur in Aussicht gewesen, so der Vorwurf.

Deshalb, so die Schlussfolgerung, hätten die Vorstände der Bank das Verbrechen der Untreue begangen, die Aufsichtsräte seien ihre Beitragstäter gewesen. Zusätzlich wird allen vorgeworfen, das Delikt der versuchten betrügerischen Krida begangen zu haben.

Geht es nach dem Antrag der Staatsanwaltschaft, werden sich nicht nur die Angeklagten im Straflandesgericht einfinden müssen, sondern auch mindestens 18 Zeugen.

"Es bestand besondere Eile"

Die Tathandlungen von Weinzierl und seinen Kollegen sind, so die Anklageschrift, allesamt in „einem noch festzustellenden Zeitpunkt im Jänner 2009 bis zum 5.2.2009“ gesetzt worden. An letzt genanntem Tag traf der Aufsichtsrat zusammen, um den Jahresabschluss der MBAG zum 31.12.2008 festzustellen. Nur 90 Minuten später fand die Hauptversammlung statt, in der die Ausschüttung der Dividende beschlossen worden ist.

Dieses dichte Programm hat die Staatsanwaltschaft misstrauisch gemacht: „Ein Vergleich mit den vorgegangenen Jahren zeigt, dass im Jahr 2009 besondere Eile bestand, den Jahresabschluss zu erstellen, durch den Aufsichtsrat der MBAG festzustellen und im Rahmen einer Hauptversammlung über die Verwendung des ausgewiesenen Bilanzgewinns .. zu entscheiden“, hält sie fest. Im Jahr 2003 hätte sich die Hauptversammlung noch bis Ende März Zeit gelassen, um sich erstmals zu versammeln. Noch viel mehr stößt sie sich jedoch an dem Ablauf der Hauptversammlung, die, so ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, nach einem perfekt vorbereiteten „Drehbuch“ abgelaufen ist.

Der Vorstand und der Aufsichtsrat hatten nämlich zunächst der Hauptversammlung vorgeschlagen, keine Dividende auszuschütten. Der Vertreter der Far East insistierte jedoch auf die Ausschüttung, wozu es dann auch kam. All das dürfte für keinen der Anwesenden eine Überraschung gewesen sein. Im Gegenteil. Folgt man der Staatsanwaltschaft handelt es sich um ein abgekartetes Prozedere. Zur Veranschaulichung ihrer Behauptung stellt sie das notariell beurkundete Protokoll der Hauptversammlung vom 5.2.2009 einem Protokoll-Entwurf gegenüber, den der Anwalt Oskar Winkler Tage zuvor vorbereitet hatte. Bis auf wenige Worte halten sich die Anwesenden an den von Winkler vorgeschlagenen Text. Ein Beweis für die Anklägerin, dass die Tat von langer Hand geplant war. Dieser Beschluss sei also „keineswegs spontan erfolgt“. Der Vorstand habe bloß zum Schein den Vorschlag gemacht, „um das Risiko persönlicher Haftungen gegenüber den Gläubigern der MBAG hintanzuhalten.“

Ob all das für eine strafrechtliche Verurteilung ausreicht, wird der Schöffensenat zu klären haben. Bis dahin wird es aber noch eine Zeit lang dauern. Die Betroffenen verwehren sich gegen die Vorwürfe strikt. Dem Vernehmen nach wollen alle gegen die Anklage Einspruch erheben.

Causa Meinl

Die Anklage gegen den Vorstand der Meinl Bank und zwei Aufsichtsräte ist zugestellt. Ihnen werden die Delikte Untreue und versuchter betrügerischer Krida zur Last gelegt. Im Wesentlichen wirft die Staatsanwaltschaft den Angeklagten vor, durch die Ausschüttung einer Sachdividende von 211 Mio. Euro Anfang 2009 sowohl die Meinl Bank als auch deren Gläubiger geschädigt zu haben. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig. Die Betroffenen wollen dagegen Einspruch erheben.

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