Eingenebelt

Mails von der Raucherlobby und Fragen an den Minister. Das Tabakgesetz ist Pfusch – und frustriert alle.

Herr Minister, wir wollen endlich ein ordentliches Rauchergesetz.“ Die Forderung, auf einer „Presse“-Podiumsdiskussion an Gesundheitsminister Alois Stöger gestellt, erhielt demonstrativen Applaus.

Seien wir ehrlich, das seit Jänner geltende Tabakgesetz war der kleinste gemeinsame Nenner vulgo Pfusch. Auch wenn eine selbst ernannte Raucherlobby derzeit Journalisten mit verworrenen Mails überhäuft, in denen Raucher zum Opfer von Gesundheitsfaschisten (!) und Pharmalobby (?) stilisiert werden: In Österreich herrschen für sie in Wahrheit noch paradiesische Zustände. Gepafft werden darf fast überall, auch wenn rundherum gegessen wird, selbst in Aufenthaltsräumen von Spitälern. Nichtraucher werden, wenn schon, dann gern ins lichtlose Eck neben dem Klo verbannt. Journalistenkollege Hans Rauscher hat einmal über Nichtraucherzonen im Lokal festgestellt: Das sei, als würde man im Schwimmbecken eine Grenze zwischen Urinier- und Nicht-Urinierzone ziehen. Wie wahr!

Ja, natürlich finden wir alle Clint Eastwood in „Gran Torino“ supercool, wie er sich grimmig eine Zigarette nach der anderen ansteckt. Nur leider hat der Filmheld letztlich Lungenkrebs. Dass Nichtrauchen die wirkungsvollste Gesundheitsvorsorge ist, hat sich überall in der zivilisierten Welt herumgesprochen – außer in Österreich. Eine junge Bekannte, nach einem Australien-Aufenthalt wieder in Wien, erzählte kürzlich, hier habe sie wieder zu rauchen begonnen. Weil es in Österreich im Gegensatz zu Australien eben immer die Gelegenheit dazu gebe: „Jeder raucht.“ Na bravo!

Dabei rudern die heimischen Wirte in Wahrheit verzweifelt herum: Einmal wird „rauchfrei“ proklamiert, dann aus Angst vor Gästeschwund wieder voll auf Nebelzone umgestellt. Wäre es nicht für alle Beteiligten besser, man würde das Rauchen überall dort verbieten, wo auch gegessen wird – und damit basta? Irgendwann wird das ohnehin selbstverständlich sein. Oder regt sich noch jemand auf, weil in Flugzeugen oder Großraumbüros nicht mehr geraucht werden darf? Eben.

Die eingangs erwähnte Forderung kam übrigens von einer Vertreterin der Selbsthilfegruppe Schlaganfallpatienten. Wird wohl kein Zufall sein. Und der Minister? Er räumte zwar ein, dass das Gesetz „nicht die absolute Erfüllung, aber ein Schritt in die richtige Richtung“ sei. Oje, das riecht leider stark nach „österreichischer (Dauer-)Lösung“.

martina.salomon@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2009)

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