Vermutlich drei mit Kalaschnikows bewaffnete Männer stürmten am Mittwoch die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" und töteten zwölf Menschen, darunter auch Chefredakteur Stéphane Charbonnier.
Bei einem Anschlag in der Redaktion der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" sind am Mittwoch zwölf Personen getötet worden. Unter den Toten sind zwei Polizisten und vier Zeichner, unter ihnen der Chefredakteur Stéphane Charbonnier ("Charb") und die Zeichner Jean Cabut ("Cabu"), Georges Wolinski und Bernard Verlhac ("Tignous"). Zwei mit Kalaschnikows bewaffnete Männer sollen laut Medienberichten gegen 11.30 Uhr die Redaktionsräume im elften Pariser Arrondissement gestürmt und das Feuer eröffnet haben.
Laut Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve handelt es sich um "drei Täter", berichtet das Online-Portal "20 minutes". Alle befänden sich auf der Flucht, sagte der Minister nach einer Krisensitzung im Élysée-Palast.
Täter möglicherweise Franzosen
Die Zeichnerin Corinne "Coco" Rey hat den Anschlag überlebt, sie konnte sich unter einem Schreibtisch in Deckung bringen. Laut ihrer Aussagen sollen sich die Täter zur al-Qaida bekannt haben, zitiert sie die „L'Humanité". Außerdem sollen die Täter "perfekt Französisch" gesprochen haben.
„The Telegraph" berichtet, dass Charbonnier auf der Todesliste von al-Quaida gestanden haben soll. Seit 2006 soll er unter Polizeischutz gelebt haben, wird sein Anwalt, Richard Malka, zitiert. Bei „Charlie Hebdo“ finden stets mittwochs die Redaktionssitzungen statt, berichtet die Zeitung „Libération“. Dies deute darauf hin, dass der Anschlag geplant worden sei, so das Blatt.
Die Attacke dürfte lediglich fünf Minuten gedauert haben. Gegen 11:45 Uhr sollen sich die flüchtigen Attentäter im 19. Arrondissement befunden haben. Sie sollen mit einem schwarzen Citroen DS die Flucht angetreten sein, mittlerweile aber in ein anderes Fahrzeug gewechselt, angeblich ein grauer Renault Clio, sein. Bei der Station „Porte de Pantin“ sollen sie in die Metro eingestiegen sein. Inzwischen sollen sie die Innenstadt verlassen haben.
Die mögliche Fluchtroute der Attentäter:
Im ganzen Großraum Paris wurde die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen, sämtliche Zeitungsredaktionen in Paris wurden unter Polizeischutz gestellt. In den vergangenen Wochen sollen laut Berichten der Zeitung "Le Monde" französische Sicherheitskräfte "mehrere Terroranschläge vereitelt" haben.
Video zeigt offenbar Angreifer
Frankreichs Präsident Francois Hollande hat das Attentat am Mittwoch als "Terroranschlag" bezeichnet. "Daran gibt es keinen Zweifel", sagte er, als er am Ort der Bluttat im elften Arrondissement von Paris eintraf. Auf der Webseite von "FranceTVinfo" war am Mittwoch ein Video zu sehen, das vom Journalisten Martin Boudot aus einem angrenzenden Gebäude gefilmt wurde.
Darin sieht man zwei Männer in schwarz, die sich offenbar auf der Flucht befinden und "Allah Akbar", arabisch für "Gott ist groß", rufen. "Wir werden den Propheten rächen", sollen die Attentäter gerufen haben, berichtet "France Info" unter Berufung auf einen Augenzeugen.
Provokante Mohammed-Karikaturen
Um 14.00 Uhr kam die Regierung zu einer Krisensitzung zusammen, Hollande wollte sich am Abend (21.00 Uhr) in einer Rede an die Nation äußern.
"Charlie Hebdo" hat in der Vergangenheit mehrfach mit provokanten Mohammed-Karikaturen für Schlagzeilen gesorgt. Nach der Veröffentlichung einer "Scharia"-Sonderausgabe mit einem "Chefredakteur Mohammed" waren bereits im November 2011 die Redaktionsräume in Flammen aufgegangen. Der Sitz der Zeitung wurde in der Vergangenheit immer wieder unter Polizeischutz gestellt.
Seine neueste Ausgabe, die am Mittwoch erschienen ist, widmete die Zeitung dem neuen Roman des französischen Skandal-Autors Michel Houellebecq, der darin die Machtübernahme durch einen muslimischen Präsidenten in Frankreich im Jahr 2022 beschreibt.
Der letzte Twitter-Post des Magazins: Eine Karikatur von IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi, daneben steht: "Meilleurs vœux, au fait." Übersetzt heißt dies: "Beste Wünsche, übrigens.“
"Schockiert" über den Vorfall
International löste der Anschlag Betroffenheit aus. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker verurteilte die Tat als "Barbarei", der britische Premier David Cameron nannte sie "ekelerregend", US-Präsident Barack Obama sprach von einer "furchteinflößenden Schießerei". "Diese abscheuliche Tat" sei ein Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von einem abscheulichen Angriff auf die Pressefreiheit.
Entsetzt zeigte sich auch die österreichische Staats- und Regierungsspitze. Ein solches Attentat könne die Werte der freien, aufgeklärten Gesellschaft nicht angreifen, fügte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hinzu. "Unsere Werte - Demokratie und Menschlichkeit, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit - werden siegen". "Wir müssen weiterhin unsere Grundwerte wie die Presse- und Meinungsfreiheit mit Nachdruck verteidigen", forderte auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Das Innenministerium erklärte, mit den französischen Kollegen in Kontakt zu stehen. "Nirgendwo auf der Welt können derzeit Anschläge mit Sicherheit ausgeschlossen werden", betonte Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Bundespräsident Heinz Fischer sprach den Angehörigen seine Anteilnahme aus.
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(APA/Reuters/Red.)