Terrorlage in Österreich: Schutz für Medien und Franzosen

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Französische Einrichtungen stehen unter Bewachung, auch Medien erhalten erhöhte Aufmerksamkeit. Ein Insider hält Vergeltungsakte gegen islamische Einrichtungen für möglich.

Wien. Die Spuren, die die Attentäter beim Anschlag gegen das Pariser Satiremagazin „Charlie Hebdo“ (s. S. 1–3) hinterlassen haben, führen nicht nach Österreich. So lautet die zentrale Botschaft jener Informationen, die der Staatsschutz des Innenministeriums bisher von den französischen Behörden erhalten hat. Wie lange diese Erkenntnisse jedoch Bestand haben werden, darauf will sich niemand festlegen. Die Netzwerke der europäischen Jihadisten sind dicht geknüpft.

Die Auswirkungen des Pariser Terrorakts sind hierzulande bereits konkret zu spüren. Offiziell gibt das Innenministerium an, die Bewachung bestimmter Einrichtungen und Gebäude angeordnet zu haben. Welche, das wolle man aus taktischen Gründen nicht erläutern.
Ein Insider aus dem Sicherheitsapparat nannte die Dinge jedoch beim Namen. Demnach liegt das Hauptaugenmerk beim Schutz von französischen Gebäuden, Einrichtungen und Vereinen. Aber auch strategisch könnte sich bei der Lagebeurteilung etwas ändern. „Derzeit beraten Analysten darüber, ob auch Medien in das Programm für Objektschutz aufgenommen werden“, so der Informant. Ein starkes Indiz dafür ist, dass Innenministerin Johanna Mikl-Leiter nicht näher präzisierte „Gespräche mit Chefredakteuren österreichischer Medienunternehmen“ ankündigte. „Der Standard“ bekam nach einem Drohposting am Donnerstag polizeiliche Bewachung, der ORF verstärkte seine eigenen Zugangskontrollen ebenfalls.

Sorge um Muslime

Nach Angaben der Quelle beschäftigt den Staatsschutz jedoch noch eine weitere Sorge. Experten des Hauses hielten es in der aufgeladenen Atmosphäre nämlich für möglich, dass es hierzulande zu fehlgeleiteten Vergeltungsakten gegen anerkannte muslimische Einrichtungen kommen könne. Gegenmaßnahmen seien in Ausarbeitung.

Dennoch ist es in Österreich sachlich-nüchternes Kalkül, dass sich die offiziellen Behördenvertreter bei Prognosen zur Anschlagswahrscheinlichkeit betont zurückhalten. Das Einpflanzen von Angst in eine offene Gesellschaft gilt nämlich als die mächtigste Waffe, über die Terroristen verfügen.

Dabei nehmen Österreichs Behörden die Gefahr durch Rückkehrer aus den Jihad-Gebieten in Syrien und im Irak sehr ernst. Wie ernst, das wird oft erst klar, wenn Kameras und Mikrofone ausgeschaltet sind. Dann erfährt man, dass die Bedrohungen nicht nur von in der Öffentlichkeit bekannten Netzwerken wie dem Islamischen Staat oder der al-Qaida (Jabhat al-Nusra) ausgehen. Die Ermittlungsansätze von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten verhalten sich nämlich direkt proportional zum Organisationsgrad einer Terrorzelle. Steht diese in Verbindung mit einem größeren Netzwerk, ergeben sich fast immer Anhaltspunkte zum Abfangen notwendiger Kommunikation. Handeln die Täter jedoch in Eigenregie oder fand die Radikalisierung ohne persönliche Anleitung durch Dritte statt, wird Aufklärung schwierig.

Das zeigen Daten über nachrichtendienstliche Ermittlungen des Verfassungsschutzes gegen mutmaßliche Staatsgefährder jedweder ideologischer Orientierung („erweiterte Gefahrenerforschung“). Im Jahr 2013 (aktuellere Zahlen sind nicht verfügbar) entfielen von 83 dokumentierten Ermittlungen nur drei auf Einzeltäter, der Rest betraf Gruppierungen.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2015)

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