EZB verweigert den Schuldenschnitt

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Die EZB will Staatsanleihen kaufen, weiß aber noch nicht, wie. An einem griechischen Schuldenschnitt werde man sich aber nicht beteiligen. Denn das wäre illegale Staatsfinanzierung.

Paris/Athen/Berlin. Von wegen „gerettet“. Trotz jahrelanger Geldtransfers von EU und Währungsfonds und (zumindest offiziell) großer Reformanstrengungen der griechischen Regierung steht Griechenland heute praktisch dort, wo es schon 2010 war: am Rande eines Schuldenschnitts. Bei einem solchen würden Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, damit das Land wieder ein bisschen Spielraum erhält.

Der Schuldenschnitt ist sozusagen nur einen Schritt vom Staatsbankrott entfernt. Einen solchen hat Griechenland schon hinter sich gebracht – und zumindest, wenn die Linkspopulisten der Syriza am 25. Jänner die Parlamentswahlen gewinnen, dürfte ein zweiter kurz bevorstehen, denn die Syriza will die Rückzahlung der griechischen Schulden an die Geldgeber neu verhandeln.

240 Mrd. für Athen

Das wiederum will die deutsche Regierung als größter Geldgeber nicht hören. Deutschland bürgt für 40 bis 50 der insgesamt 240 Mrd. Euro, die Griechenland durch Hilfsmaßnahmen erhalten hat. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) winkt ab. Die Notenbank dürfe sich nicht an einem Schuldenschnitt beteiligen, sagte Direktoriumsmitglied Benoît Cœuré dem Sender France24. Auch beim letzten Schuldenschnitt ließ die EZB sich nicht überreden mitzumachen. Der Grund ist einfach – und hochaktuell. Die „Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“ ist der EZB durch die EU-Verträge verboten. Nun war die Beteiligung der EZB am Griechenland-Paket immer umstritten, weil der Kauf von Staatsanleihen durch eine Zentralbank dieser „Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“ schon sehr, sehr nah kommt. Wenn aber diese Anleihen nicht mehr bedient werden, weil der Staat seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann (oder will), dann hat die Staatsfinanzierung eindeutig stattgefunden – dann hätte Griechenland von der EZB ein Geldgeschenk erhalten. Dies sei gegen das Gesetz.

„Die Europäischen Verträge besagen das ganz deutlich“, so Cœuré. Das Statement ist aber nicht nur für Athen von enormer Bedeutung, sondern auch vor dem Hintergrund der neuen EZB-Pläne zur Flutung der Wirtschaft mit frischem Geld. Die Zentralbank will nämlich in einem ersten Schritt bis zu einer halben Billion Euro in den Markt pumpen – und zwar auch, indem sie Banken Staatsanleihen abkauft. Das wäre aus Sicht der EZB noch keine illegale Staatsfinanzierung, weil die Anleihen nicht direkt vom Staat kämen, sondern vom „Sekundärmarkt“. Außerdem erinnert Cœurés klare Griechenland-Ansage daran, dass die EZB in jedem Fall auf die Rückzahlung dieser Anleihen pochen wird. Es ist allerdings fraglich, ob das reichen wird, den Widerstand Deutschlands zu brechen. Denn das Beispiel Griechenland zeigt, dass solche Programme nur selten wie geplant laufen.

Widerstand aus Deutschland

Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, sprach sich immer wieder gegen groß angelegte Anleihenankäufe durch die EZB aus. Er befürchtet, dass in den Krisenländern der Eurozone der Reformeifer und Konsolidierungsdruck durch Quantitative Easing gebremst werden könnte. Die Länder könnten die Ankäufe laut Weidmann als „Solvenzgarantie“ verstehen und darauf bauen, dass die EZB die Zinsen durch den Ankauf von Staatsanleihen langfristig deckelt. Dies könnte zu einer stärkeren Verschuldung der Länder führen.

Nun wird debattiert, nur Staatsanleihen von Ländern mit sehr guten Ratings zu kaufen – oder die Käufe von den nationalen Notenbanken durchführen zu lassen. Ob solche Programme der Wirtschaft wirklich helfen, ist freilich auch umstritten. Entscheiden will die EZB am 22. Jänner. (ag./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2015)

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